Pfarrer Rolf Ehring verabschiedet sich nach 26 Jahren von der evangelischen Gemeinde Rentfort.Er kam 1981 als Vikar, er ist gelernter Universalfräser und er weiß, was "Kohle machen" auf dem Pütt bedeutete
DAS GROSSE INTERVIEW Pfarrer Rolf Ehring ist ein Urgestein der evangelischen Gemeinde in Rentfort. Am 1. Oktober 1981 kam er einst als Vikar in die Gemeinde, in der er seit August 1983 als Pfarrer arbeitete. Ins Amt gewählt wurde er offiziell im Jahr 1985. Am Pfingstmontag wird der 64-Jährige verabschiedet - das ist eine tiefe Zäsur für die evangelischen Christen im Nordwesten der Stadt, zumal die Nachfolge Ehrings noch unklar ist. Zum 1. Januar 2008 konstituiert sich bekanntlich die neue evangelische Stadtkirchengemeinde. Für die WAZ sprach Redakteur Michael Bresgott mit Rolf Ehring über persönliche Wurzeln und berufliche Erfahrungen.
Herr Ehring, die Schützen, die christlichen Gemeinden, die vielen Vereine und Verbände - in Rentfort funktionieren die sozialen Strukturen noch. Ist dieser Eindruck richtig?
Rolf Ehring: Ja, zum Teil. In Rentfort sind zum Beispiel die Traditionsvereine besonders stark. Doch natürlich verändern sich auch hier - wie überall in der Stadt und in der Region - die sozialen Strukturen. Da werden etwa viele alte Zechenhäuser verkauft. Die alten Nachbarschaften wandeln sich. Und soziale Beziehungen gehen dabei oftmals verloren.
Als sie 1981 als Vikar ihren Dienst in der Gemeinde antraten, war der Bergbau bereits Vergangenheit. . .
Ehring: Ja. Ich trat meinen Dienst an, als dieser tiefgreifende Wandel, der ja die ganze Region Ruhrgebiet betrifft, bereits in vollem Gange war.
Sie sind einer jener Pfarrer, deren Biographie noch eng mit dem industriellen Berufsleben der Region verbunden ist. Sie sind ein so genannter Spätberufener. . .
Ehring: Ich kam nach dem Krieg im Jahr 1952 mit meiner Mutter ins Ruhrgebiet zurück, nachdem wir zuvor viele Jahre im Osten Deutschlands evakuiert waren. Wir wohnten dann in Bottrop. Ich begann 1957 eine Lehre als Universalfräser bei Ruhrglas. Im ersten halben Jahr der Lehrzeit lernte ich gleich die Unter-Tage-Arbeit auf der Braucker Zeche Stinnes 3/4 kennen. Ich weiß noch, was "Kohle machen" wirklich bedeutet.
Und wie wurden Sie Pfarrer?
Ehring: Es begann 1966 mit einem Praktikum bei der Ev. Jugend in Bottrop. Ich absolvierte eine Ausbildung an der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal und wurde Sekretär beim Christlichen Verein Junger Männer (CVJM) in Essen.
Mit welchen Arbeitsschwerpunkten?
Ehring: Mit dem Schwerpunkt Sport. Zugleich drehte sich unsere Arbeit aber auch um junge Menschen, die sich damals ganz in der Nähe im nördlichen Teil der Essener Innenstadt trafen, die zum Teil drogenabhängig waren und die nach den großen Studentenprotesten der 60er Jahre auf der Suche nach neuen gesellschaftlichen Modellen und Lebensformen waren.
Vom CVJM-Sekretär zum Pfarrer. Wie ging's weiter?
Ehring: Ich arbeitete dann wieder als Universalfräser. Ich holte mein Abitur am Bischöflichen Abendgymnasium in Essen nach und studierte Theologie in Bochum. . .
. . woran sich später das Vikariat in Rentfort anschloss. Welche Bilanz ziehen Sie nach 26 Jahren in Rentfort?
Ehring: Ich habe hier viele Menschen kennengelernt, die sich in vorbildlicher Weise ehrenamtlich einbringen und engagieren. Das ist eine wirklich schöne Lebenserfahrung. Und vor allem: Das Leben der Menschen kann innerhalb von Kirche stattfinden. Ein Beispiel: Wir haben einen Männerverein gegründet, der sich nach wie vor alle 14 Tage mittwochs zum Doppelkopfspielen trifft. Das war anfangs gar nicht so leicht. Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis die Männer wirklich erschienen. Die haben anfangs immer gedacht, gleich kommt der Ehring mit der Bibel unter dem Arm zu uns. Doch dann haben sie gemerkt: Wir können uns hier einfach so treffen.
Und Sie haben die Ellinghorster in die Gemeindearbeit eingebunden. . .
Ehring: Seit 20 Jahren gibt es zwei Mal monatlich ein evangelisches Gottesdienst-Angebot in der dortigen katholischen Gemeinde St. Elisabeth. Die evangelischen Christen in Ellinghorst sollen gleichberechtigt in unser Gemeindeleben eingebunden sein.
26 Jahre Rentfort - nach Pfingsten sind Sie nun Ruheständler. Was tun Sie dann?
Ehring: Ich werde mich weiterhin in der Initiative Herz und Hände für Tschernobyl engagieren. Ich hatte auch schon zahlreiche Anfragen etwa von Brautpaaren und jungen Eltern, ihre Hochzeiten oder Taufen vorzunehmen. Doch in diesem Jahr stehe ich dafür erst einmal nicht zur Verfügung. Denn wenn ich etwas verspreche oder zusage, dann halte ich es.- beide Themen begleiteten Pfarrer Rolf Ehring in seinem beruflichen Leben. In seinem Arbeitszimmer ist eine beeindruckende kleine Hausbibliothek zu sehen.