Rüdiger Kümmel ist Knochenmarksspender und hat einmal bereits einem leukämiekranken Menschen helfen können. Er ruft dazu auf, an der Typisierungsaktion teilzunehmen, um der kranken Gesamtschülerin zu helfen

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"Ich möchte den Leuten die Berührungsängste nehmen, die aus falschen Vorstellungen und in Wirklichkeit völlig unbegründeten Ängsten resultieren." Rüdiger Kümmel (46), Polizist und Volleyballtrainer, wurde vor rund 18 Jahren bei einer Blutspende im Uniklinikum Essen darauf angesprochen, ob er auch bereit sei, Knochenmark zu spenden. Man werde die Gewebedaten an die DKMS (Deutsche Knochenmarksspender Datei), die weltweit anonym die Gewebedaten potentieller Spender verwaltet, weiter leiten. Kümmel stimmte zu, sein Blut typisieren zu lassen. Das war schon alles.

Erst ganze acht Jahre später meldete die DKMS sich bei ihm und bat nun um eine zweite, genauere Blut-Typisierung. Damit kann man herausfinden, ob jemand tatsächlich der "genetische Zwilling" eines potentiellen Empfängers ist. Mit dem zugeschickten Entnahmeset ließ sich Kümmel bei seinem Hausarzt 30ml Blut abnehmen und schickte die Probe an die DKMS zurück. Nach drei Wochen kam dann die Nachricht, dass die Gewebedaten die notwendige Übereinstimmung mit einem Empfänger aufweisen. Leider erlag Kümmels "Blutsverwandter" kurz vor der geplanten Knochenmarksspende seiner Krankheit.

Erst wieder im Oktober 2006 bat die DKMS um eine nochmalige Typisierung, und diesmal sollte es tatsächlich zu einer Knochenmarksspende kommen. Man lud ihn nach Dresden in die Klinik des DKMS zu einem umfassenden Gesundheitscheck ein. "Ich wurde komplett auf den Kopf gestellt - von EKG über Reflexkontrollen bis hin zum HIV-Test. Danach wusste ich, dass ich absolut kerngesund bin." Schwer beeindruckt war Kümmel von dem Service der DKMS: man zahlte ihm Flug und Hotelübernachtung und übernahm die Kosten für seinen Arbeitsausfall. Als nun klar war, dass Kümmel als Spender in Frage kam, musste er sich endgültig entscheiden. Denn der nächste Schritt ist die Zerstörung des kranken Knochenmarks des Empfängers, der dann innerhalb von 48 Stunden die Spende benötigt. Ein Rücktritt des Spenders in dieser Phase kommt einem Todesurteil gleich.

Kümmel sagte zu und fand sich wenige Wochen nach dem Gesundheitscheck frühmorgens im Labor in Dresden ein. Bequem in einem großen Sessel sitzend, wurde er an eine Art "Blutwaschmaschine" angeschlossen. Aus dem linken Arm entnommen, durchlief sein Blut eine Zentrifuge, die die Knochenmarksstammzellen isolierte, und gelangte über den rechten Arm zurück in den Körper. Höchstens vier Stunden dauert die Prozedur, bei der man Videos gucken kann und von den Mitarbeitern des DKMS verpflegt wird.

"Nach der Spende fühlt man sich ein wenig schlapp wie bei einer leichten Grippe, aber nach zwei Wochen kann man schon wieder Leistungssport treiben", erzählt der ehemalige Marathonläufer. Ob man als Spender tatsächlich helfen konnte, erfährt man aber erst nach einigen Monaten. Und nach zwei Jahren können sich Spender und Empfänger sogar auch persönlich begegnen - wenn alles gut geht. Dass eine anfängliche Besserung keine Garantie für einen Erfolg der Therapie ist, zeigte sich auch in Kümmels Fall: Sein genetischer Zwilling verlor kurz vor Ablauf der Zweijahresfrist den Kampf gegen die Leukämie. "Es war ein komisches Gefühl - als wäre ein entfernter Verwandter gestorben, den ich lange nicht mehr gesehen habe. Ich hoffe aber sehr, ihm mit meiner Spende noch ein paar schöne Tage geschenkt zu haben."