Bei einem Spaziergang im schönen Park am Vinzenzheim kann man sich auf Spurensuche begeben: Hier entsprang jener Bach, der Gladbeck seinen Namen gab. Von der Gladebecke ist heute nichts mehr zu sehen.
WAZ-STADTSPAZIERGANG Ein stiller Augenblick. Die Bäume rauschen leise. Und die altehrwürdige Fassade des Vinzenzheimes strahlt uns an. Hören wir da nicht ein zartes Gurgeln und Sprudeln?
Nein, leider nicht.
Wenn es so wäre, dann hätten wir wohl die gute alte Gladebecke wiederentdeckt, die hier einst entsprang und sich ihren Weg ins alte Dorf Gladbeck bahnte. Der Zwiebelturm der alten St.-Lamberti-Kirche stand da noch, die kleinen und größeren Fachwerkhäuser der Bauernschaft. Der Emscherbruch vor der Bergbau-Ära.
Karl-Franz Vogtmeier (80) kennt sich im Park am Vinzenzheim allerbestens aus. "Kommen Sie mit", sagt er. Und führt uns in den entferntesten Winkel des Areals. "Hier muss es gewesen sein", erläutert er. "Die Quelle der Gladebecke darf man sich allerdings nicht allzu spektakulär vorstellen. Das war vielmehr ein Rinnsal, ein Bach, der ganz behutsam immer breiter wurde."
Ja, die alte Gladebecke.
Der Name Gladebecke taucht urkundlich als "Gladbeki" auf und könnte "Siedlung am glänzenden, glitzernden Bach" (glad = hell, glänzend, klar; beck = bach) bedeutet haben. Vorgefunden wurde er erstmals in einer Urkunde vom 3. Mai 1020. . . Wer heute den Bach sucht, der dieser Stadt den Namen gab, wird ihn nur noch schwer finden. Er floss einst nahe der St.-Lamberti-Kirche vorüber und soll sogar Mühlen angetrieben haben.
So schildert Harald Neumann in seinem viel beachteten Gladbeck-Buch aus den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts die guten, alten Gladebecke-Zeiten; und genauso ist es auf dem wunderschönen Gladbeck-Relief der Künstlerin Anneliese Quinders vor der St.-Lamberti-Kirche heutzutage noch zu sehen. Ein Blick darauf lohnt sich stets bei einem Gladbecker Stadtspaziergang. Das alte Dorf zeigt hier seine einzigartige Silhouette.
Wir wandern mit Karl-Franz Vogtmeier weiter durch den Vinzenzheimpark. Wir schauen auf die nahe Villa Küster, und wir passieren jene Stelle, an der einst in einer künstlichen Grotte eine Mutergottes-Statue zu finden war. Auch Heimatvereins-Chef Heinz Enxing begleitet uns. Er zeigt ein Foto: Seine Frau Hedwig ist darauf zu sehen, direkt vor dieser Grotte, an die sich noch viele Zeitzeugen gut erinnern - vor allem, wenn sie katholischen Glaubens sind. Denn das Vinzenzheim war ja einst ein katholisches Waisenhaus. Sein evangelisches Pendant, das Marthaheim, steht an der Hermannstraße.
Beide Häuser sind jetzt glücklicherweise frisch renoviert und entsprechen nun modernsten Standards des Wohnens im Alter.
Karl-Franz Vogtmeier erinnert sich, dass er - natürlich mit Erlaubnis der Familie Küster - Trümmersteine der alten Villa Küster mitnahm, um daheim damit einen Anbau zu schaffen. Er zeigt uns ein schmuckes Heft mit dem Titel "Gladbeck 1885 - 1925" in Goldbuchstaben, er verweist auf den alten Gladbecker Friedhof, der ganz in der Nähe lag, und auf die schöne alte Buersche Straße, von der aus ein langer Verbindungsweg zum Vinzenzheim führte.
Dann kommen wir an dem sehenswerten Kunstwerk von Erich Kuhn mitten im Vinzenzheim-Park vorbei. "Schöpfung" lautet sein Titel. Aus Bordsteinen hat Erich Kuhn Kinder, Flora und Fauna, Adam und Eva symbolhaft modelliert. Eine kleine Tafel neben dem Kunstwerk klärt die Spaziergänger über dessen Bedeutung auf.
Im Grenzbereich von Vinzenzheim-Gelände und Villa-Küster-Garten entdecken wir, versteckt zwischen Bäumen, eine Vertiefung im Boden - floss hier etwa einst die Gladebecke entlang?
Vielleicht war es ja so. Moment, da gurgelt doch was. . .