Gladbeck. . Schüler und Betriebe trafen bei der 32. Berufsinfobörse in der Stadthalle Gladbeck aufeinander. Besonders begehrt waren Werbematerialien der Firmen.
- 32. Berufsinformationsbörse in der Gladbecker Stadthalle für Zehntklässler
- Ausbilder kritisieren das sinkende Bildungsniveau und Engagement der Bewerber
- Besonders großer Zulauf an Ständen mit Werbematerial
„Ich will Feuerwehrmann werden.“ Das wissen Kinder oft früh. „Ach, lieber doch nicht“, sagen sie dann später, wenn sie erfahren, wie umfangreich die Ausbildung ist. Nach neun Jahren in der Nachwuchswerbung hat Andrea Schröder von der Gladbecker Feuerwehr den Eindruck, „dass die Jugendlichen überhaupt nicht mehr so gerne arbeiten wollen“.
Nun ist die Feuerwehr kein typischer Ausbildungsbetrieb, denn in den Beruf einsteigen kann nur, wer zuvor eine handwerkliche Ausbildung absolviert hat. „Von 20 Leuten ist vielleicht einer dabei, der sich ernsthaft interessiert“, sagt Schröder. Und: „Das erste, was die fragen, ist, was sie verdienen“, fügt Kollege Ralph Tasch hinzu.
Bildungsniveau der Bewerber sinkt
Christoph Gentz, Ausbilder beim Glashersteller Verallia, formuliert es schärfer. Das Bildungsniveau der Bewerber sinke seit Jahren. Acht von zehn schafften den Einstellungstest bei seiner Firma nicht, könnten Textaufgaben nicht lösen, seien mit Dreisatz- oder Prozentrechenaufgaben überfordert. „Wer in der Schule eine Vier in Mathe hat, schafft es bei uns nicht.“ Richtiggehend sauer ist Gentz auf das Schulsystem, das die Schüler nach seinem Verständnis nicht gut aufs Berufsleben vorbereitet.
Dass er die Hoffnung nicht aufgeben muss, zeigen Taner (22) und Alpay (21), zwei Azubis aus dem Unternehmen, die bei den Worten des Ausbilders in sich hinein lächeln. Schließlich gilt seine Schelte nicht ihnen. Allerdings: Beide haben Abitur und geben zu, dass sie Dreisatz, Bruch- und Prozentrechnen zwar in der Schule gelernt haben, sich jedoch erst wieder ans Kopfrechnen gewöhnen mussten.
In Grüppchen ziehen die Schüler durch die Gänge, bei vielen scheint es, als gehe es ihnen nur um die Werbegeschenke. Bei DM gibt es gut gefüllte Taschen, bei Aldi Papiertüten voller Informationen. Und beim Finanzamt, das für den mittleren Dienst wirbt, gibt es Einkaufschips und Flaschenöffner.
Auch Lehrer suchen das Gespräch mit Arbeitgebern
Ernsthafte Gespräche sind nur selten zu beobachten, an manchen Ständen informieren sich eher Lehrer als Schüler. Manche Zehntklässler nehmen die Börse aber auch ernst. Büsra (15) und Sedef (16) von der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule (IDG) zum Beispiel. „Ich kann mich noch nicht entscheiden zwischen Zahnmedizinischer Fachangestellter und PTA“, sagt Büsra. Sedef will Chemikantin werden. Beide haben sich jedoch auch bei der Bundeswehr über Karrierechancen informiert. Dass sie da vielleicht auch in den Krieg ziehen müssten, stört sie nicht. „Weil man etwas für das Land tut“, sagt Büsra.
Marvin (17, IDG) lässt sich vom Binnenschiffer Heinz-Axel Konetzny erklären, warum ein Job auf dem Wasser eine gute Zukunftsperspektive bietet. „Ich finde das interessant“, sagt er, aber eigentlich verfolge er ein anderes Berufsziel. Abitur, dann Studium, Physik und Philosophie schweben ihm vor. „Alle sagen, Marvin, schau dich um, was es so gibt“, und das beherzige er. „Was die Zukunft bringt, weiß man ja nicht.“
Kommentar: Ergreift die Initiative!
Ach, diese Jugend von heute. Rechnen kann sie nicht, schreiben so leidlich, und anstrengen will sie sich auch nicht. Die Generation Youtube macht vor, dass es möglich ist, mit selbstgedrehten Filmen reich und berühmt zu werden. Allein: Nur wer etwas tut, kann zu Ruhm gelangen – oder anderweitig erfolgreich sein. So ist das auch mit der Lehrstelle. Deshalb runter mit dem erhobenen Zeigefinger. Die Gladbecker Schulen kooperieren mit Unternehmen, bieten Lehrschwerpunkte in den begehrten MINT-Fächern an, fördern Talente in AGs. Profitieren können davon aber nur die Schüler, die sich auch begeistern lassen und aktiv werden.