Gladbeck. Das verkürzte Abi hat sich an den Gymnasien etabliert. Die Riesener-Direktorin regt aber die Möglichkeit für ein Gladbecker G9-Modell an
- Das verkürzte Abitur hat sich an den Oberschulen etabliert
- Rückkehrwünsche aus den Elterngremien liegen nicht vor
- Riesener-Direktorin regt aber besonderes Gladbecker G9-Modell an
Die im Land aufbrausende Debatte um eine Rückkehr vom „G8-Turbo-Abi“ zurück zu G9 sorgt für Irritation innerhalb der Schulleitungen der drei Gladbecker Gymnasien. Die WAZ sprach mit Riesener-Chefin Verena Wintjes sowie Heisenberg-Direktor Peter Hogrebe und Ratsgymnasium-Leiter Hans-Christoph Pocha zum Thema.
Zur Erinnerung: Wohl auch mit Blick auf die Landtagswahl im Frühjahr kocht nach der politischen Sommerpause das Ergebnis einer im April veröffentlichten repräsentativen Umfrage der Landeselternschaft der Gymnasien NRW mit rund 50 000 Beteiligten wieder hoch. Demnach waren 79 Prozent der befragten Eltern für ein Rückkehr zu G9 – bei der zeitgleichen Online-Umfrage sogar 88 Prozent.
Bei Gladbecker Eltern kein Thema
Spiegelt dieses klare Votum auch die Elternstimmung an Gladbecker Gymnasien wieder? „Nein“ sagen die Schulleiter. Weder am Heisenberg noch am Riesener oder Rats habe es dazu Anträge aus den Elterngremien gegeben. „Wir sind froh, den ersten G8 Jahrgang erfolgreich zum Abitur gebracht zu haben. Entsprechend haben wir uns ja intern umgestellt“, so Hogrebe. Man sehe keinen Anlass in die politische Diskussion einzusteigen „wir wollen lieber das, was wir über Jahre erarbeitet haben, jetzt in Ruhe weiter umsetzen.“ Das sieht Hans-Christoph Pocha ähnlich. Man verfolge die politische Diskussion mit „gewisser Irritation“, denn in Arbeitsgruppen mit den Eltern und großem Aufwand seien Eingangs- wie Förderkonzepte entwickelt und in der Praxis nachgefeilt worden, so dass G8 jetzt am Rats „rund läuft“.
Das von Schulministerin Löhrmann angeregte Flexi-Abi, also individuell an jedes Kind angepasste Schulzeiten zu ermöglichen, sehen die Schulpraktiker skeptisch. Hogrebe: „So etwas organisatorisch in der Oberstufe umzusetzen, bedeutete eine enorme Herausforderung.“ Das sei ihm bislang alles sehr vage, sagt Pocha. Mehr Spielraum lasse sich eventuell über ein Gladbecker-Modell umsetzen, bringt Verena Wintjes als Idee ein: „Da die Gymnasien ja in der Oberstufe kooperieren, wäre denkbar, an einem Standort einen G9-Zweig für daran interessierte Schüler aller drei Gymnasien einzuführen.“
Stundenplan bis in den Nachmittag vollgepackt
Generell sieht Hans-Christoph Pocha bei G9 den Vorteil, dass mehr Gladbecker Eltern, die Sorge wegen zu hohem Leistungsdruck bei G8 haben, bereit sein könnten, ihr Kind an einem Gymnasium anzumelden. Kritisch bewerten alle drei Gymnasialleiter selbst, dass durch die verkürzte Oberstufe der Stundenplan bis in den Nachmittag dicht vollgepackt sei und so die Freizeit der Schüler beschränke. Dies wirke sich auch auf das schulische Leben aus. Es sei schwerer, Schüler für freiwillige AGs, etwa fürs Schulorchester, zu gewinnen.
Auch das G8-Argument einer schnelleren Hochschulreife sei fraglich. Knapp 17-Jährige kämen mit Eltern zum Einschreiben zur Uni. Wintjes: „Und die oft ans Abi angehängten Auslandsaufenthalte oder Freiwilligendienste belegen, dass viele Abiturienten vor der Berufsentscheidung noch Lebenserfahrung sammeln wollen.“