Gladbeck. . Holger Pleines ist der neue Schulleiter des Berufskollegs. Bevor er seine erste Stelle als Pädagoge antrat, arbeitete er in der freien Wirtschaft.

  • Nach dem Referendariat gab es 1988 zunächst keine Anstellung für den heute 55-Jährigen
  • Er begann daraufhin seine berufliche Karriere in der IT-Abteilung des Karstadtkonzerns
  • Erst im Alter von 42 Jahren wechselte Pleines dann doch noch in den Lehrer-Beruf

Dass Holger Pleines Lehrer werden wollte, wusste er schon früh. Der Weg an die Spitze des Gladbecker Berufskollegs hingegen war keineswegs so geradlinig. Denn als Pleines 1988 sein Referendariat als Mathematik- und Sportlehrer abschloss, da gab es keine Stelle für ihn – ein Schicksal, das er mit vielen anderen jungen Pädagogen teilte.

„Ich bin einer mit innovativen Projekten“, sagt er. Und so absolvierte Pleines eine Weiterbildung als Software-Engineer und wurde zum Experten für die Computer-Technologie, die Ende der 1980er Jahre massiv auf dem Vormarsch war.

Mehr Spaß statt mehr Verdienst

14 Jahre arbeitete er in der IT-Abteilung im Essener Karstadt-Konzern und erlebte, wie das Internet Einzug in die Warenhauswelt hielt. „Ich hatte die erste E-Mailadresse im Karstadt-Konzern“, erzählt er. Weitere zukunftsorientierte Projekte folgten, unter anderem in den Bereichen des Onlinehandels, Pleines wurde Abteilungsleiter, übernahm später auch eine Bereichsleitung.

„Ich habe immer damit geliebäugelt, mal wieder das machen, was ich gelernt habe“, erzählt er. Und so traf er mit 42 Jahren die Entscheidung, auf die Karriere in der Wirtschaft zu verzichten – und auf ein höheres Einkommen. Denn als Lehrer wurde er trotz seiner anderweitigen Berufserfahrung als Anfänger eingestuft – und verbeamtet wurde er auch nie, weil er bei Eintritt in den Schuldienst bereits das Höchstalter überschritten hatte. Einen finanziellen Anreiz gab es also nicht für den Mann aus Essen-Stoppenberg. Was war es dann? „Mir macht die Arbeit mit den Schülern und den Lehrern Spaß“, sagt er. Den Lehrer habe er nie abgelegt, auch nicht in der Wirtschaft.

1500 Schüler, 70 Lehrer, zwei Sozialpädagogen

Nach 13 Jahren am Alice-Salomon-Berufskolleg in Bochum. Nun also Gladbeck. Als Leiter einer Schule mit rund 1500 Schülern, 70 Lehrern und zwei Sozialpädagogen. Seit Juli ist der 55-Jährige im Amt, als Nachfolger von Klaus Bunse, und angesichts der Menge neuer Kollegen noch dabei, sich einzuarbeiten. Nach und nach lade er alle Kollegen zu Kennenlerngesprächen ein. „Ich versuche das eher auf einer persönlichen Ebene zu machen.“ Er wolle wissen, mit wem er es zu tun habe, wolle die Interessen und Lebensumstände kennen lernen – mehr noch als die Karriereziele.

Holger Pleines kommt aus Essen-Stoppenberg. Der Blick auf den Doppelkopfturm von Zollverein und das Panorama Essens auf der einen und aufs Land rund um Dorsten auf der anderen Seite, das ist für ihn eine der schönen Seite des Lebens mitten im Ruhrpott. Als Kind des Essener Nordens kennt er jedoch auch die Schattenseiten, die eingeschränkten Aussichten, die manchen bedrücken.

Viele wollen am Berufskolleg ihr Abitur machen

Am Gladbecker Berufskolleg treffen Schüler mit den unterschiedlichsten Perspektiven und Biografien aufeinander. Viele wollen ihr Abitur machen, manche besuchen die Berufsschulklassen, einige wollen ihren ersten Schulabschluss machen, weil sie ihn an ihrer ersten Schule nicht geschafft haben. Und dazwischen gibt es auch noch die, die noch nie zur Schule gegangen sind. Vier Flüchtlingsklassen existieren mittlerweile an der Herderstraße, einige der 72 Schüler können noch nicht lesen und schreiben.

„Wir haben hier acht bis 15 Schulformen unter einem Dach“, sagt Pleines lachend. Alle unter einen Hut zu bekommen, ist nun sein Job.

Innovative Projekte fürs Berufskolleg geplant

Sein pädagogischer Grundsatz ist es, jeden Schüler mit seinen Fähigkeiten und Defiziten zu betrachten und entsprechend zu fördern. Ob er das gut macht, können bald die Schüler beurteilen, die bei ihm Matheunterricht haben. Worauf sich alle freuen können: Eine Reihe von innovativen Projekten an ihrer Schule. Denn Stillstand ist nichts für den Vater zweier erwachsener Söhne.