Gladbeck. . Fünf Frauen und ein Mann wohnen in einer Demenz-Wohngemeinschaft an der Hammerstraße. Sie fühlen sich fast wie in einer Familie.
- Fünf Frauen und ein Mann leben in einer Demenz-WG an der Hammerstraße
- Rund um die Uhr sind Mitarbeiter eines Pflegedienstes vor Ort
- Die Bewohner fühlen sich fast wie in einer Familie
Die Sonne scheint. Biggi B. hat es sich auf dem Balkon bequem gemacht. Ursula T. ist es draußen zu heiß, sie bleibt lieber in ihrem Zimmer, lässt die Balkontür offen stehen und plaudert mit Biggi. Die beiden Frauen verstehen sich prima. Seit dem Frühjahr leben sie in einer WG, zu der noch drei Frauen und ein Mann, der „Hahn im Korb“, gehören.
„Goldener Herbst“ heißt die Wohngemeinschaft, und das deutet schon darauf hin, dass sich an der Hammerstraße in Zweckel nicht Studenten eine Wohnung teilen. Biggi ist mit ihren 57 Jahren das „Küken“, die älteste Mitbewohnerin ist die 93-jährige Margarete T.. Eines haben alle sechs gemeinsam: Sie leiden an Demenz. Pflegefälle sind sie noch lange nicht, aber allein leben könnten sie auch nicht mehr. Die Demenz-Wohngemeinschaft der ALTER-nativ Wohnen GmbH ist genau das Richtige für sie, sagen die Bewohner.
Das Unternehmen mit Sitz in Gelsenkirchen betreibt Demenz-Wohngruppen in etlichen Städten, tritt als Generalmieter der großen Wohnungen auf und vermietet die Zimmer und Gemeinschaftsräume an die Bewohner. Die Parterrewohnung an der Hammerstraße und die im Nebenhaus hat das Unternehmen von der GWG gemietet. „Die Nachfrage nach Plätzen in Demenz-Wohngemeinschaften ist groß“, sagt Dirk Bohlmann, Prokurist der Firma ALTER-nativ Wohnen. Das Unternehmen würde gern auch in Gladbeck weitere WGs anbieten, aber geeignete Wohnungen gibt es derzeit nicht. Auch ein Grundstück für einen eigenen Neubau hat das Unternehmen noch nicht gefunden.
In der WG „Goldener Herbst“ nähert sich die Mittagszeit. Wer mag, hilft Patrick Bock bei der Zubereitung des Mittagessens. Der 30-jährige Altenpflegehelfer arbeitet beim Pflegedienst Humanika aus Dortmund. Rund um die Uhr sind Mitarbeiter dieses Unternehmens in drei Schichten in der WG präsent, meistens zu zweit. Sie sind quasi Mädchen für alles, helfen den Bewohnern, wenn nötig, bei der Körperpflege, bereiten die Mahlzeiten zu, die alle gemeinsam in der großen Küche einnehmen, kümmern sich um die Wäsche, gehen – wenn diese es nicht mehr allein können – mit Bewohnern spazieren oder einkaufen, bieten ein Unterhaltungsprogramm an, sind Ansprechpartner bei allen Fragen.
„Es ist hier fast wie in einer großen Familie“, findet Patrick Bock. In einem Seniorenheim wie früher möchte er nicht mehr arbeiten. „Es ist hier einfach viel persönlicher.“ Das sehen die Bewohner genauso. „Zu Hause ging es nicht mehr allein“, erzählt Elisabeth M. (86). „Ich hatte mich gerade dazu durchgerungen, in ein Heim zu gehen, da habe gehört, dass in dieser WG, in der meine ehemalige Nachbarin Ursula T. schon wohnte, ein Zimmer frei war. Ich bin so froh, dass ich jetzt hier wohne.“ Margarete W. (93) stimmt ihr zu: „Zu Hause war ich allein, hier habe ich Menschen um mich. Die Gemeinschaft ist das schönste hier.“
Und deshalb sitzen im großen Wohnzimmer immer einige zusammen, sehen fern oder unterhalten sich. Allein in seinem Zimmer bleibt selten jemand. Nach dem Essen ziehen sich die meisten aber dann doch für ein kurzes Mittagsschläfchen zurück. Aber spätestens zur Kaffeezeit sitzen alle wieder am großen Küchentisch.