Gladbeck. Polen-Auswanderer kam 1984 in der BRD und machte Karriere bei der Phenolchemie. Bei den Danziger Demos Anfang der 80er Jahre begegnete er Lech Walesa.

Er kam 1984 – noch zu kommunistischer Zeit – ohne große Habe und ohne Sprachkenntnisse aus Polen nach Westdeutschland. Die Phenolchemie in Zweckel gab damals dem 27-jährigen Andrzej Kurpik ein Jahr später eine berufliche Chance, wo der studierte Schiffsbauingenieur als Schlosser anheuerte, sich über die Jahre hocharbeitete und Karriere machte. Heute ist er Technik-Chef des Zweckeler Unternehmens und gehört der erweiterten Geschäftsleitung an.

Andrzej Kurpik nutzte 1984 eine „genehmigte Auslandsreise“, um sich nach Westdeutschland abzusetzen und hier einen Neuanfang zu wagen – beruflich wie privat. Er war der Liebe wegen nach Dorsten zurückgekehrt, wo er 1983, bei einem ersten Auslandsaufenthalt, seine Frau Elisabeth zufällig kennengelernt hatte. Kurpik erhielt eine Aufenthaltsgenehmigung, „wegen der Situation in Polen“. Die Duldung, wie er sagt, wurde mehrmals verlängert und gilt seit der Heirat unbefristet.

Kurpik hatte zuvor die „Situation in Polen“ – die ersten Aufbegehrungen um mehr Demokratie – miterlebt und an Demonstrationen teilgenommen. Er arbeitete nach seinem Studium in Danzig als junger Ingenieur auf der Nordwerft der Hafenstadt – in der Nachbarschaft der berühmten Lenin-Werft, wo Lech Walesa erste Streiks anführte. „Einmal bin ich ihm sogar begegnet“, so Kurpik, der stolz ist, „dass ich auf der richtigen Seite war“. Aber: „Mein Beitrag war gering, ich habe nichts massiv beeinflusst, so wie es andere taten.“

Polen-Auswanderer lernte zunächst „Werkstattdeutsch“

Im April 1985 fing er bei der Phenolchemie in Zweckel an – als Schlosser in der Maschinenwerkstatt. „Meine Sprachkenntnisse waren noch immer dürftig, aber meine Erfahrungen mit der deutschen Arbeitswelt waren sofort sehr positiv“, erinnert sich der heute 59-Jährige. „Ich wurde von den Kollegen gut aufgenommen, fühlte mich sofort wohl.“ Und er lernte deutsch – „Werkstattdeutsch“, wie er sagt. Viele neue Kenntnisse habe er dieser ersten Zeit zu verdanken. Und schon zwei Jahre später wurde er Vorarbeiter, und nochmals 24 Monate später arbeitete er in der Position als Meister.

Zuerst kirchlich geheiratet

Elisabeth und Andrzej Kurpik gehören zu den wenigen in Deutschland, die zuerst kirchlich, danach standesamtlich geheiratet haben. „Mir fehlte“, erzählt der Polen-Auswanderer, „das Ehefähigkeitszeugnis der polnischen Behörden.“

Die ließen den Mann warten – ein Willkürakt. Der Bischof von Münster erlaubte aber eigens die kirchliche Eheschließung.

Dann der richtige Sprung: Kurpik, der mehrfach zur Firmenleitung Verbesserungsvorschläge eingereicht hatte, diskutierte über eine weitere Idee mit dem damaligen Produktionschef Otto Gerlich. Der fragte ihn nach seiner Ausbildung und staunte, dass sein Gegenüber Ingenieur war. „Wir suchen doch junge Ingenieure“, ermunterte er ihn, sich auf eine der Positionen zu bewerben. Im Februar 1991 trat der Dorstener seine erste Ingenieur-Stelle an – im Projektteam Antwerpen, wo die Phenolchemie gerade ein zweites Werk errichtete. „Dort war ich zuständig für die Koordination von Maschinen und Apparaten.“ Drei Jahre war er schließlich in Antwerpen.

Nach einer Zwischenphase im Gladbecker Stammwerk ging er 1998 für zwei Jahre mit der ganzen Familie – inzwischen gehörten drei Kinder dazu – nach Mobile in Alabama/USA, wo der weltgrößte Phenolhersteller erneut in eine Produktionsausweitung investierte und ein weiteres Werk errichtete. Dort gehörte Kurpik zum Projektmanagement, „eine total spannende Zeit“.

„Ich habe immer viel Glück gehabt“

Mit Übernahme der Phenolchemie durch Ineos Phenol und einem Management-Umbau an der Dechen-straße wurde Kurpik, der bis heute seinen polnischen Pass hat, die Leitung des Maschinen- und Apparateparks anvertraut. Seit 2007 verantwortet er als Direktor den kompletten technischen Bereich.

Kurpik: „Ich bin stolz, was ich erreicht habe. Aber ich hatte immer viel Glück.“ Er sei immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen. „Was man selbst beitragen kann, ist, die neue Aufgabe wirklich zu wollen.“