Gladbeck.. Im wöchentlichen Wechsel fahren die Männer von der Müllabfuhr Hausmüll und Papier. Pro Tour legen sie 20 km zu Fuß zurück. Ein guter Job, finden sie.
Die Männer in Orange sind die Helden der Kinder. Weil sie schwere Mülltonnen wegrollen, als wäre nichts drin, klar, aber natürlich auch, weil sie einfach so hinten auf dem großen Mülllaster mitfahren dürfen. „Wir sind gestern am Kindergarten vorbeigefahren, da standen die Kinder in Nullkommanix am Zaun und riefen: Müllabfuhr, Müllabfuhr!“ Dennis Wagner und sein Kollege Tim Müller lachen über die Episode. Die Bewunderung tut gut.
Tim Müller ist mit 24 Jahren der Junior in der Gruppe. Der gelernte Kfz-Mechatroniker steuert den Müllwagen Richtung Brauck. Papiermüll steht auf dem Programm. Eine recht angenehme Tour – die blauen Tonnen stinken auch im Sommer nicht. Als Fahrer muss er seine beiden Kollegen immer im Blick haben, wenn sie die Tonnen vom Straßenrand an die Ladeluke, die hier Schüttung heißt, rollen, um sie dann ins Innere des Lastwagens zu entleeren.
Was hinter dem Auto passiert, kann Müller auf seinem Monitor sehen – das Heck ist kameraüberwacht. Die Kamera erleichtert auch das Rangieren in engen Sackgassen. Damit die Kollegen sich auch richtig verstehen, ist hinten ein Aufkleber angebracht. „Rückwärts fahren nur mit Einweiser“ steht darauf. Ein Comicmännchen zeigt die richtigen Armsignale. Aber Dennis Wagner (28) und Stephan Jablonski (29) kennen die Einweisegesten ohnehin auswendig.
Nicht jeder Autofahrer wartet gern
Der Müllwagen hält den Verkehr auf. Das liegt eben in der Natur seiner Aufgabe, denn er muss ja an jeder Mülltonne anhalten. In den kleinen Braucker Straßen rund um die Antoniusstraße nehmen die Autofahrer das an diesem Tag gelassen hin und warten einfach, bis sich eine Gelegenheit zum Vorbeifahren ergibt, während Wagner und Jablonski Tonne um Tonne an die Luke zerren, genau so hinstellen, dass der Greifarm sie packen kann, und dann auf die richtigen Knöpfe drücken, um sie zu leeren. Manche Tonnen sind so fest gestopft, dass sie mehrfach durchgerüttelt werden müssen. Das kann dauern.
Nicht alle Autofahrer sind so geduldig wie die Braucker, erzählt Wagner. „Wir haben ja Hula Hoop an“, sagt er. Hula Hoop nennen die Jungs von der Müllabfuhr das orangene Warnlicht auf dem Dach. „Aber manche verstehen nicht, was das bedeutet.“ Deshalb sei an dieser Stelle erklärt: Wenn das orange Licht blinkt, ist Schritttempo fahren angesagt. Manche geben trotzdem Vollgas, wenn sie am Müllauto vorbeifahren. Auch darauf muss der Fahrer achten, um seine Kollegen zu schützen. Damit sie noch besser sichtbar sind, tragen sie neonfarbene Arbeitskleidung.
Bis zu 20 Kilometer Fußweg am Tag
Das Müllauto arbeitet sich langsam die Antoniusstraße herunter. Im Zickzack laufen Wagner und Jablonski die Straßen entlang. „Wir laufen bis zu 20 Kilometer am Tag“, sagt Wagner. Wieviel Kilogramm Müll jeder bewegt, lässt sich nur schwer sagen. Aber eins ist klar: Ausdauer- oder Krafttraining braucht ein Müllmann nicht mehr nach einem Arbeitstag.
Die drei jungen Männer fallen auf. Mit dem Klischee vom leicht schmuddeligen, bierbäuchigen Arbeitstier haben sie so gar nichts gemein. Eher noch mit einer dieser Boygroups, die es in den 1990er Jahren zuhauf gab. Das darf man natürlich nicht zu laut sagen. Es wird sogar gemunkelt, dass dann und wann Fanpost beim ZBG eintrudelt.
Müllabfuhr als Unterhaltungsprogramm
Die drei genießen die Aufmerksamkeit, sie grüßen nach links und rechts – man kennt sich auf den Touren, für manche Menschen scheint die Müllabfuhr zum Unterhaltungsprogramm an langweiligen Vormittagen zu gehören. Sie positionieren sich dann im Fenster, schön mit einem Kissen auf der Fensterbank für die Ellenbogen, und schauen zu.
Der Job bei der Müllabfuhr ist für die drei ein Volltreffer. Im Sommer muss die Nase manchmal leiden, aber „an den Gestank gewöhnt man sich“, versichert Dennis Wagner. Die Kollegen verstehen sich gut, auch wenn sie nicht bei allen Themen einer Meinung sind – Stephan hat es als BVB-Fan nicht immer leicht. Krisensicher ist der Job, abwechslungsreich auch – und die jubelnden Kinder sind bestimmt auch ein Pluspunkt.
Manches landet falsch in der Tonne
Der Job ist abwechslungsreich, auch wenn nicht jede Abwechslung willkommen ist. Zum Beispiel, wenn die Jungs Tierkadaver im Müll finden – die dürfen sie nicht entsorgen. Dann bleibt die volle Tonne stehen. Fehlbefüllung heißt das, wenn der falsche Müll im Behälter landet. Und bei Fehlbefüllung, zum Beispiel auch, wenn Hausmüll in der Papiertonne landet, darf die Müllabfuhr die Tonne stehen lassen. „Manche beschweren sich dann sogar noch“, sagt Wagner. Aber für fremder Leute Mülltrennung ist er nicht zuständig.
Manchmal finden die Männer Dinge im Müll, die noch gut sind. Zum Beispiel das Abzeichen, das Stephan an seiner Kappe trägt. Die Anstecknadel könnte einmal zu einer Uniform gehört haben. Früher zierten abgelegte Stofftiere die Müllwagen besonders kreativer Kollegen. „Das ist aber nicht mehr erlaubt“, sagt Tim Müller.