Gladbeck. . Ob Krimi oder Liebesgeschichte. All dieses Bücher und Hörbücher sind von den Experten für gut befunden worden. Viel Spaß beim Schmökern und Lauschen!
- Bernhard Söthe und Julia Jahns von der Humboldt-Buchhandlung ziehen Lesestoff aus dem Regal
- Alle Tipps haben sie selbst verschlungen oder genüsslich geschmökert
- Die Profis haben eben den Durchblick im Wust der Neuerscheinungen
„Vor allem sollst du lesen und gute Bücher zu Rate ziehen!“ Diese Weisheit gab der römische Dichter Quintus Horatius Flaccus – manch’ einem aus dem Schulunterricht unter dem Namen „Horaz“ ein Begriff – seinen Zeitgenossen mit auf den Weg.
Klar, dass Buchhändler und Vielleser diese Erkenntnis uneingeschränkt unterschreiben. Nur: Welche Lektüre ist empfehlenswert? Wie gut, dass Profis im Wald von Neuerscheinungen den Durchblick behalten. Bernhard Söthe und Julia Jahns von der Humboldt-Buchhandlung geben Tipps: Sie haben Lesefutter aus dem Regal gezogen, das sie verschlungen oder genüsslich geschmökert haben.
1Ganz oben auf der Favoriten-Liste steht für beide „Der Pfau“ (Kiepenheuer & Witsch, 18,99) aus der Feder von Isabel Bogdan. Die Handlung spielt in den schottischen Highlands, in einem heruntergekommenen Gemäuer. Dort ist auch ein Pfau zu Hause, der rot bei der Farbe Blau sieht. Ungünstig für eine zickige Bankerin, die in einer Londoner Gruppe zu Gast auf dem Anwesen ist. Das Teambuilding-Wochenende läuft nicht wie geplant . . . Julia Jahns schwärmt von dem feinen, britischen Humor in diesem Buch: „Ich kann mir gut vorstellen, dass es irgendwann verfilmt wird.“
Ein Hörbuch (Argon, 19,95) zu dieser subtilen Komödie gibt’s auch. Es liest Christoph Maria Herbst.
2Glänzende Augen bekommen Jahns und Söthe bei „Jane Austens Geheimnis“ von Charlie Lovett (Goldmann, 9,99 Euro). Das blumige Cover führt Buch-Liebhaber auf eine falsche Fährte, denn es handelt sich keineswegs um eine romantische Herz-Schmerz-Geschichte – auch wenn Amor durchaus eine Rolle spielt. Eine „detektivische Liebesgeschichte mit ganz viel Spannung“, sagt Jahns über den Roman. Darum geht’s: Eine Studentin, Fan der Werke von Jane Austen und tätig in einem Antiquariat soll für einen Kunden ein Buch aus dem 18. Jahrhundert finden – und stellt fest: Es gibt einen weiteren Interessenten. Was hat es mit dem Werk auf sich?
Parallel erzählt die Autorin die Geschichte von Jane Austen, die den fiktiven, 80-jährigen Richard Mansfield trifft. Söthe ist begeistert von „den geschliffenen Dialogen“ zwischen den beiden.
3Über „Unterleuten“ von Juli Zeh (Luchterhand, 24,99 Euro) sagt er: „Das Buch ist eindeutig mit das Beste, was in diesem Frühjahr erschienen ist.“ Viele Szenen gehen nach seinem Erleben dem Leser nicht aus dem Kopf. Ort des Geschehens ist ein kleines Dorf in Brandenburg, in dem „Ureinwohner aus Kaisers- und DDR-Zeiten“ und Zuwanderer aus Berlin aufeinander treffen. Da liegt es auf der Hand, dass es zu Konfrontationen kommt. Erst recht, wenn es um ein Reizthema wie „Windräder“ geht. Söthe: „Tolle Personen-Beschreibungen, liest sich wie ein Krimi.“
4Nichts für zart Besaitete ist „Der erste Sohn“ (BTB, 12,99 Euro“. Philipp Meyer thematisiert die Entwicklung einer Familie über mehrere Generation und vermittelt die Historie des US-Staates Texas von den Anfängen bis zur Neuzeit: Der besagte erste Sohn wird von Indianern entführt, kann sich später befreien und kommt – dank harter Ellbogen – zu einem Vermögen. Söthe: „Drastisch geschrieben und sehr spannend.“
Nichts für schwache Nerven
Ein Faible für abgelegene Orte als Schauplatz ihrer Handlung ist in der internationalen Schriftsteller-Gemeinschaft unübersehbar: Morde in den hintersten Ecken Schwedens, Romanzen und Familiendramen fernab des Großstadttrubels . . . So ist es auch bei zwei weiteren Buchtipps von Julia Jahns und Bernhard Söthe. Beide Bücher sind nichts für schwache Nerven.
5Familien- und Weltgeschichte sind raffiniert verknüpft in „Die Birken wissen’s noch“ von Lars Mytting (Insel, 24,95 Euro). Auf einem abgelegenen Norwegen leben ein Großvater und sein Enkel. Der junge Mann taucht nach dem Tode des Opas in die Vergangenheit seiner Familie ein. Söthe: „Ein vielschichtiger Roman mit vielen Facetten.“ Eher ein Buch für Männer.
6Und auch in Julia Jahns Empfehlung „Those Girls“ von Chevy Stevens (Fischer 9,99 Euro) geht’s vergangene Ereignisse, diesmal um ein einschneidendes Erlebnis, das drei Schwestern – aufgewachsen in einer kanadischen Einöde – zusammenschweißt. Die Buchhändlerin sagt über den Psychothriller: „Ich konnte nicht aufhören zu lesen.“
Einen historischen Roman legt Julia Jahns Schmöker-Fans ans Herz. Besonders gut gefallen hat der Buch-Expertin, „dass die Personen eine Entwicklung durchmachen“. Jahns verspricht eine fesselnde Liebes- und Abenteuergeschichte, die in erster Linie Frauen in ihren Bann ziehen dürfte.
Liebe auf und um Sylt
7„Die Walfängerin“ von Ines Thorn (Rütten und Loewing, 14,99 Euro) lebt auf der Nordsee-Insel Sylt im 18. Jahrhundert. Die Titelfigur, eine junge Frau, stammt aus einer armen Fischer-Familie. Sie verliebt sich in einen ebenso mittellosen Mann. Zum Leidwesen ihrer Verwandten, die bereits in einem anderen Bewerber einen Lichtblick aus ihrem beschwerlichen Alltag sahen. Denn auch ein Kapitän hat ein Auge auf die Titel-Heldin geworfen. Doch sie zieht den armen „Bewerber“ dem Reichen vor. Die Natur spielt Schicksal: Ein verheerender Sturm macht eines Tages nicht nur das Boot der Fischerfamilie zunichte, sondern auch die Pläne der jungen Frau. Ausgerechnet der abgewiesene Kapitän bietet einen Ausweg, greift der Familie finanziell unter die Arme. Ihre Schulden soll die junge Frau auf einem Walfänger abarbeiten . . .
Inspektor Takeda ermittelt
Immobilienhaie, ein schmieriger Rechtsanwalt, ein Stadtviertel auf dem absteigenden Ast – damit bekommen es die polizeilichen Ermittler in dem politischen Krimi zu tun, den Bernhard Söthe als „beklemmend“ charakterisiert.
8In „Inspektor Takeda und die Toten von Altona“ (Aufbau Taschenbuch, 9,99 Euro), geschrieben von Henrik Siebold, wird ein Buchhändler-Ehepaar tot aufgefunden. Um Selbstmord handelt es sich nicht: Ein Fall für Inspektor Takeda, der sich wegen eines Austauschprogramms in Hamburg aufhält, und die Polizei der Hansestadt. Das Milieu, in dem die Ermittler arbeiten, ist geprägt durch schwierige wirtschaftliche und soziale Umstrukturierungsprozesse. Fachmann Söthe: „Die Darstellungen sind sehr realistisch und nicht an den Haaren herbeigezogen.“ Er hofft, dass Autor Siebold noch weitere Takeda-Bücher schreibt.