Gladbeck. . Lange Schlange vor der Stadtbücherei – doch diesmal ist nicht die Bücherausleihe gefragt, sondern eine TV-Rolle.
Am Samstag ist die Schlange vor der Stadtbücherei beträchtlich, als die Agentur Eick (Ennepetal) zum Casting bittet. Für einen ARD-Zweiteiler über das Gladbecker Geiseldrama aus dem Jahr 1988 werden mehr als eintausend Komparsen gesucht.
Die Produktionsfirma Ziegler TV will mit dem Projekt noch in diesem Sommer beginnen. Das Drehbuch von Holger Karsten Schmidt, einem der renommiertesten Filmautoren Deutschlands, liegt bereits vor, der Regisseur wird Kilian Riedhoff (Der Fall Barschel) sein.
Das sind auch schon alle Informationen, die sowohl Ziegler TV als auch die Agentur Eick mitteilen. Alles andere sei noch zu unklar, heißt es, selbst über die Drehorte sei noch nichts entschieden. Allerdings ist es wohl amtlich, dass die Klage auf Unterlassung des Anwalts von Hans-Jürgen Rösner mit dem Argument abgewiesen wurde, Rösler sei eine Person der Zeitgeschichte.
Derweil findet die Menschenschlange vor der Tür nach und nach Einlass, wird durchgeschleust, um im Untergeschoss für ein Foto zu posieren, nicht ohne einen ausführlichen Fragebogen ausgefüllt zu haben. Es sind erstaunlich, viele junge Leute darunter, auch junge Familien, nur ab und zu ein paar Ältere.
Look der 80-er Jahre ist hilfreich
Zur geplanten TV-Produktion gibt es durchaus Vorbehalte seitens der Gladbecker Bevölkerung. Vor einigen Jahren, so Büchereileiter Uwe von der Weppen, habe in der Stadtbücherei eine Lesung stattgefunden. Autor Peter Henning sei zu Gast gewesen mit seinem Roman „Ein deutscher Sommer“, der sich mit dem Geiseldrama beschäftigt. „Da ist unglaublich kontrovers diskutiert worden, das war eine fruchtbare Auseinandersetzung.“ Wie zur Bekräftigung dessen sagt Günter Müller (60) aus Köln, er habe bis zur Geiselnahme noch nie etwas von Gladbeck gehört, aber seitdem sei dieser Stadtname für ihn eine „Hausnummer“ und auch deshalb sei er zum Casting gekommen. „Die Gangster haben ja in der Kölner City Halt gemacht und ich habe dort direkt in der Nähe gearbeitet.“
Eigens aus Regensburg und Jena sind Lea (22) und Camilla (22) angereist, und sie, wie auch Patrizia mit ihrer Tochter Lia (5) aus Gladbeck, kennen die Geschichte nur aus Erzählungen ihrer Eltern. Sie reizt mehr das Casting-Angebot an sich; wie auch Jürgen (61) aus Dorsten: „Das hat mich damals schon betroffen gemacht und letztendlich ist das auch für mich der Anreiz, hier mitzumachen.“ Und er fügt hinzu, er sei für eine Sprechrolle dankbar. Ob ihm dieser Wunsch erfüllt wird, konnte nach diesem ersten Fotoshooting nicht geklärt werden.
Auf jeden Fall sollte er bis Drehbeginn keinen Friseur mehr aufsuchen, denn der „Look“ der 80-er Jahre (längere Haare, Schnäuzer) ist für jeden Bewerber von Vorteil.