Gladbeck. Der 66-jährige Gastronom übernahm 1976 die Traditionsgaststätte gegenüber vom Amtsgericht. Der Serbe kam einst als Gastarbeiter nach Deutschland.

Er kam einst als Kellner nach Gladbeck, heute zählt er zu den renommiertesten Gastronomen in der Stadt: Jovan Gajic. 40 Jahre ist das her, dass er „als junger Bengel“, wie er selbst sagt, die Traditionsgaststätte „Jammerkrug“ übernahm und über die Jahrzehnte zu einem Aushängeschild der örtlichen Gastronomie machte, inzwischen sogar mit Hotel. Anfang Juni will der mittlerweile 66-Jährige das Jubiläum mit einem großen dreitägigen Zeltfest auf dem Jovyplatz feiern.

Gastgeber aus leidenschaft: Jovan Gajic.
Gastgeber aus leidenschaft: Jovan Gajic. © Funke Foto Services

Jovan Gajic stammt aus Serbien, aus Loznica nahe Belgrad. Er war jüngstes von drei Kindern und wuchs in eher bescheidenen Verhältnissen in den 50er und 60er Jahren der jugoslawischen Tito-Ära auf. Der Vater war Bauer, die Mutter Hausfrau.

Mit 16 Jahren schnupperte er als Kellner-Lehrling erstmals Luft in der Gastronomiebranche, fand in der Heimat aber keinen passenden Job. Im September 1973 nahmen ihn Werber des deutschen Arbeitsamtes als Gastarbeiter mit – Jovan Gajic witterte eine Chance und kam mit seiner Frau Brana, die er 1972 geheiratet hatte, nach München, wo bereits seit 1969 Bruder Ivan lebte (und heute noch lebt).

In Gladbeck wurde ein Pächter für ein Restaurant gesucht

Jovan und Brana verdingten sich zunächst als Putzkräfte bei einer großen Reinigungsfirma – ein Jahr lang. „Schließlich bekamen wir die Arbeitsfreigabe auch für andere Berufe“, erinnert sich Gajic, der dann für einige Monate in München kellnerte und über „einen Bekannten aus der Heimat“ Anfang 1975 einen Kellner-Job in einem Balkan-Restaurant in Moers fand. Und über einen Fleischlieferanten bekam er gut ein Jahr später den Tipp, dass in Gladbeck ein Pächter für ein Restaurant gesucht wurde. „Ich wusste nicht, wo Gladbeck war und wie ich hinkam.“ Aber er fand hin – und lernte den Jammerkrug kennen, der sein Lebensinhalt werden sollte.

"Wenn ich was will, gebe ich alles"

Als Jovan Gajic 1976 erstmals den Jammerkrug betrat, war der runtergewirtschaftet, zwei Gastwirte nacheinander hatten es nicht geschafft, auskömmlichen Umsatz zu erwirtschaften. Zunächst wollten Stadt und Brauerei, die das Sagen in der Traditionsgaststätte hatten, dem 26 Jahre jungen Serben das Haus nicht anvertrauen. „Aber ich blieb hart, kämpfte und fing einfach als Bedienung an.“ Tag um Tag sei der Umsatz gestiegen, seit er dort das Kellnern übernahm. „Ich weiß noch genau, am ersten Tag waren es magere 298 DM, nach kurzer Zeit schon über 1000 DM – wenn ich was will, geb’ ich alles.“ Schließlich bekam er den Vertrag – am 15. Juni 1976 wurde er unterschrieben vom damaligen GWG-Chef Gilges und dem Vertreter der Brauerei König, die noch heute das Bier liefert.

Die Gajic’ krempelten die Ärmel auf: Seine Frau kochte mit nur einer zusätzlichen Köchin, „und ich zapfte, bediente und putzte spätabends.“ 1978 gab es den ersten Umbau: Verlegung der Theke, Öffnung des Gesellschaftszimmers zur Gastwirtschaft. 1999 folgte eine weitere Modernisierung und natürlich stets eine Erweiterung der Speisenkarte.

Aus der Gladbecker Kneipenszene nicht weg zu denken

„Wobei wir uns schon früh als Spezialisten fürs Steaks empfahlen“, so Jovan Gajic, der es über vier Jahrzehnte mit Fleiß und Schnelligkeit im Service schaffte, aus einer gutbürgerlichen Traditionsgaststätte ein gut laufendes Restaurant zu machen, das aus der Gladbecker Kneipen-Szene nicht weg zu denken ist.

Inzwischen ist der Jammerkrug ein regelrechter Familienbetrieb: Neben seiner Frau Brana, seit 30 Jahren gute Seele hinter der Theke, sind Tochter Snezana, Sohn Marko und Schwiegertochter Andriana mit tätig im Jammerkrug, der 100 Plätze hat. Auch die vier Enkel laufen regelmäßig durch den Betrieb.

Viele Prominente saßen schon am Tisch von Jovan Gajic 
Oskar Lafontaine (r.) war auch schon Gast bei  Jovan Gajic (2.v.r.).
Oskar Lafontaine (r.) war auch schon Gast bei Jovan Gajic (2.v.r.). © Funke Foto Services

Ans Aufhören denkt Jovan Gajic, der seit neun Jahren den deutschen Pass hat, nicht: Erst vor drei Jahren hat er im Haus, das er im Jahr 2000 gekauft hat, auch ein Hotel eröffnet. In die alte Heimat will er ohnehin nicht zurück, zumal seine Eltern, die er oft besuchte, inzwischen verstorben sind und neben seinem Bruder in München auch seine Schwester in Deutschland lebt und in Recklinghausen ein Restaurant führt. „Mein Zuhause ist Gladbeck“, beteuert der Jubilar.

Oft genug setzen sich auch Prominente an die Tische von Jovan Gajic, dem passionierten Schalke-Fan: Natürlich viele Schalke-Profis und -Funktionäre, aber auch Politiker wie Oskar Lafontaine, Komiker wie Karl Dall oder Jürgen von der Lippe oder Schauspieler wie die Lindenstraßen-Stars „Mutter Beimer“ Marie-Luise Marjan oder die bereits verstorbene „Else Kling“ Annemarie Wendl. Selbst der ehemalige Porno-Star Teresa Orlowski dinierte schon im Jammerkrug...

Den Jammerkrug erbaute Gastwirt Heinrich Thiele 1924 im Schatten von Amtsgericht, Finanzamt und Polizei. Seine Gäste, oft enttäuscht von den Besuchen in den genannten Behörden, fanden bei ihm Trost in ihrem Kummer. Daher auch der Name „Jammer-“krug.

Für seine Jubiläumsparty lässt Jubiläumsgastwirt Jovan Gajic ein Festzelt mit 336 Sitzplätzen, Bühne, Tanzfläche und Büffet-Zelt auf dem Jovyplatz aufbauen. Am 3. und 4. Juni gibt es Livemusik zum Abendschmaus, und am 5. Juni legt ein DJ zum Brunch auf.