Gladbeck. Viel Kondition benötigten die Ratsmitglieder am Donnerstagabend – stundenlang ging es im Rathaus um die Autobahn 52.
Der Stadtrat begrüßt, dass die Ausbauplanung für die A 52 von der Autobahn 2 bis zur Grenze Gelsenkirchen-Buer am 25. Februar offiziell begonnen hat. Zugleich geht der Rat davon aus, dass sich diese Planung auf der Grundlage der im November 2015 in Berlin vereinbarten Eckpunkte für das Gladbecker Kerngebiet vollzieht (mit verbessertem Lärm- und Sichtschutz und einem 1,5-km-Volltunnel).
Mit 26 Ja-Stimmen wurde dieser Beschlussvorschlag von SPD und Grünen am Donnerstagabend nach rund zweieinhalbstündiger, intensiver Debatte im Stadtrat angenommen. Auch Bürgermeister Ulrich Roland (SPD) stimmte dafür, ebenso Michael Tack (FDP). Es gab fünf Enthaltungen und vier Gegenstimmen: Die CDU nahm an der Abstimmung nicht teil, da sie keine Notwendigkeit für eine solche Beschlussvorlage sah.
Zuvor hatte es eine heftige, teils hitzige A52-Debatte gegeben, in deren Verlauf die Fraktionschefs Michael Hübner (SPD), Mario Herrmann (Grüne) und Peter Rademacher (CDU) klar für den A52-Ausbau-Position bezogen, ebenso Roland und Tack; die Gegenposition vertraten vor allem Gerhard Dorka (DKP), Franz Kruse (Die Linke) und Olaf Jung (Die Linke).
Heinze: „Das Land NRW ist ein verlässlicher Vertragspartner“
Mit Spannung war der Auftritt von Michael Heinze vom NRW-Verkehrsministerium erwartet worden, der erläuterte, dass Straßen.NRW jetzt eine Leistungsbeschreibung erstellen werde, um dann den Auftrag für die konkrete A52-Planung von der A 2 bis Buer an ein Ingenieurbüro zu vergeben. Heinze erklärte seine Bereitschaft, vorliegende konkrete Planentwürfe in einem Gladbecker Fachausschuss vorzustellen. So schnell wie möglich sollen, so Heinze, auch animierte Illustrationen erstellt werden, „damit endlich Bilder in die Köpfe kommen“.
Das sieht der Vertreter des NRW-Verkehrsministerums auch als ein geeignetes Mittel, um Ängste und Skepsis in der Bevölkerung abzubauen. Heinze rief in den Ratsaaal: „Das Land NRW ist ein verlässlicher Vertragspartner!“
Dorka: „So wird der Ratsbürgerentscheid von 2012 missachtet!“
Genau gegenteilig sehen das die Autobahngegner, die Ängste und Skepsis für gut begründet halten, da die Unterschrift des Bundes unter die A52-Vereinbarung weiterhin fehle, da Gladbeck keinerlei Sicherheit habe, wie der Ausbau letztlich aussehen werde. Mit ihrem Vorgehen missachteten Stadtspitze sowie SPD, Grüne und CDU das Ergebnis des Ratsbürgerentscheids vom März 2012, unterstrich Gerhard Dorka, der ausführte: „Die Autobahnkritkiker sind keineswegs kleinmütige Angsterzeuger. Die Ratsmehrheit führt eine Kampagne gegen die A52-Gegner.“ Ähnlich argumentierten auch Franz Kruse und Olaf Jung, die mehrfach ans Mikrophon traten und der Autobahn 52 immer wieder eine klare Absage erteilten, oft begleitet vom Applaus der A52-Gegner im zahlreich erschienenen Publikum.
Rechtsberater der Stadt: „Suche nach Kompromiss ist sinnvoll“
Die A 52 sei ein Fachplanungsprojekt des Bundes, die Stadt Gladbeck habe nur äußerst begrenzte Einflussmöglichkeitem, erläuterte der Rechtsberater für die Stadt, Dr. Olaf Bischopink, seine Sicht auf die juristische Situation. Die Suche nach einem Kompromiss für einen stadtverträglichen Ausbau halte er für sinnvoll. Bischopink attestierte mit Blick auf kommende Planungsdetails, dass es durch die fehlende Unterschrift des Bundes keine Sicherheit dafür gebe, dass der Bund den ersten Autobahnabschnitt (von Essen-Nord bis A 2) zeitgleich mit dem zweiten Abschnitt von der A 2 bis Buer finanziere, wie man es angestrebt habe. Notfalls bliebe der Stadt immer noch der Klageweg.
Volmering weist Behauptungen des Bürgerforums zu Bundesrechnungshof zurück
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Sven Volmering schaltet sich am Freitag nochmals in die aktuelle A52-Debatte ein. Er weist jüngste Behauptungen des Bürgerforums zurück, dass der Bundesrechnungshof einem A52-Ausbau auf Gladbecker Gebiet enge Grenzen bei den Ausbaustandards setze.
Die angeführten Aussagen des Bundesrechnungshofes bezögen sich nicht auf den Gladbecker Streckenabschnitt und auch nicht auf die A52-Vereinbarung vom November 2015. Das ergab eine Anfrage von Volmering an den Bundesrechnungshof.
„Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Bundesrechnungshof keine politischen Entscheidungen trifft“, so der CDU-Politiker. „Der Bundesrechnungshof gibt auch keine Haushaltsmittel frei. Dies machen in Deutschland immer noch Parlamente.“ Daher seien die auf der Homepage des Bürgerforums stehenden Aussagen (‚Bundesrechnungshof gibt kein Geld für A52-Tunnel‘) und viele weitere Behauptungen „schlichtweg falsch“, so Volmering, der zu dem Schluss kommt: „Der Luftballon Bundesrechnungshof, den das Bürgerforum losgeschickt hat, ist somit geplatzt.“
Klaus Axnich schreibt an Ratsmitglied Volker Musiol
A52-Gegner Klaus Axnich reagiert unterdessen auf den jüngsten offenen Brief von SPD-Ratsmitglied Volker Musiol, in dem sich dieser über die schlechte Diskussionskultur in Gladbeck beim Thema A52 beklagt hatte.
Axnich schickt einen langen Text und eine Zusammenfassung der wichtigsten Argumente der Autobahngegner an Musiol und spricht sich ebenfalls für eine Verbesserung der A52-Diskussionskultur in Gladbeck aus; dafür sei es allerdings auch notwendig, dass sich die Stadt und die Autobahnbefürworter fair verhielten. Zudem seien sie jederzeit zu den Treffen etwa des Bürgerforums eingeladen, um dort auf konstruktive und faire Weise miteinander zu debattieren.
Rademacher attackiert Stadtspitze und SPD
Scharf attackierte CDU-Fraktionschef Peter Rademacher am Freitagnachmittag gegenüber der WAZ Bürgermeister Roland: Die Stadtspitze und auch die Sozialdemokraten hätten in der Ratssitzung mit „unsachlicher Kritik“ in Richtung der Union, ihres Bundestagsabgeordneten Sven Volmering und des Parlamentarischen Staatssekretärs Enak Ferlemann wegen der fehlenden Unterschrift des Bundes die bislang gepflegte Große Koalition zur A 52 schwer beschädigt.
„Ich kann dieses Verhalten nicht verstehen“, sagte Rademacher, der im November die konstruktive, gemeinsame Gesprächsatmosphäre ausdrücklich gelobt hatte. Die CDU werde im Interesse des A52-Projektes weiterhin streng sachlich argumentieren, erklärte Rademacher, der unterstrich, dass es aus seiner Sicht keinen sachlichen Grund für die überraschend eingereichte Beschlussvorlage von SPD und Grünen gab. Deshalb habe sich die CDU bei der Abstimmung auch nicht enthalten, sondern überhaupt nicht beteiligt. Schließlich sei es einzig und allein um einen A52-Sachstandsbericht gegangen.