Gladbeck. . Handwerker klagen über zunehmenden Fachkräftemangel. Tischlermeister Christian Vennemann wirbt für mehr Interesse am Handwerk.
Der Spruch ist nicht neu, stimmt aber immer noch: „Handwerk hat goldenen Boden.“ Das sagt einer, der es wissen muss: Christian Vennemann (47), ist Tischlermeister, seit 2008 Chef der eigenen Firma für Bauelementefachhandel und Bautischlerei – ein grundsolider Handwerksbetrieb am Scheideweg. Ehefrau Sylke managt das Büro, Vennemann und vier Monteure stemmen die Arbeit vor Ort. Ihr Spezialgebiet: Fenster und Türen einbauen, Rolläden anbringen. Der Laden läuft, auch wegen der vielen Aufträge für einbruchsichere Fenster und Türen. So bitter der drastische Anstieg von Einbrüchen für die Betroffenen ist, so erfreulich, rein geschäftlich gesehen, ist das für Christian Vennemann und sein Team.
Alles gut also!? Nicht ganz, denn einer fehlt: Der fünfte Monteur, dringend gebraucht für die vielen Aufträge, seit Monaten aber verzweifelt und bislang vergeblich gesucht. Der befürchtete Fachkräftemangel – im Handwerk ist er längst angekommen. „Wir haben alles ausprobiert, sogar Zettel in die Wagenfenster gehängt“, sagt Sylke Vennemann. Aber gute Monteure mit Berufserfahrung sind in der Branche so gefragt, dass sie in der Regel die Arbeit nicht lange suchen müssen. In der Angebotskartei der Arbeitsagentur werden Arbeitgeber daher selten fündig. Hans Oberdick (54), der älteste im Team Vennemann, ist dafür ein gutes Beispiel. Er suchte nach dem Konkurs seiner vorherigen Firma seinen nächsten Arbeitgeber einfach im Telefonbuch, stieß auf Christian Vennemann – ein Glücksfall für beide.
Doch was ist da los im Handwerk? Welche Ursachen hat der Fachkräftemangel? Die Frage treibt verständlicherweise auch Christian Vennemann um. Eine Erklärung: „Das hat mit unserem Image zu tun“, glaubt der Tischlermeister. „Handwerk“, das klinge womöglich altbacken, weniger modern als trendige Berufsbezeichnungen, und komme beim Nachwuchs daher nicht so gut an. Noch ein Nachteil im Ruhrgebiet: In der einstigen Malocherregion hatte das Handwerk immer schon einen geringeren Stellenwert „Außerdem“, ist Sylke Vennemann überzeugt, „glauben viele Eltern, dass ihr Kind mindestens das Fachabitur haben und dann studieren sollte.“
Dass ein solide gelerntes Handwerk aber viele Entwicklungsmöglichkeiten biete, dazu gut verdient werde und es gute Zukunftsperspektiven gibt, sei weniger bekannt. „Als Handwerker findet man immer eine Arbeit“, wirbt Vennemann für sein Metier. Er selbst ist ja das beste Beispiel für eine erfolgreiche Handwerkskarriere. Als gelernter Tischler hat der Gladbecker in jungen Jahren auf Montage gearbeitet, viel Erfahrung gewonnen und gutes Geld verdient. Als es mit der reinen Tischlerei schwieriger wurde, wechselte er zum Bauelementebetrieb und zur Bautischlerei. Auch das hat funktioniert. „Ich bin ja immer noch Tischler, setze mein Fachwisssen jetzt beim Fenster- und Türeneinbau ein.“ Ein krisensicherer Beruf, trotz aller technischen Fortschritte: „Roboter bauen keine Fenster ein“.