Gladbeck. Gastredner beim Aschermittwochs-Gespräch von Volksbank und WAZ war diesmal Dr. Helmut Linssen. Linssen (74) ist im Vorstand der RAG-Stiftung.
20 Jahre lang war Volksbankdirektor Dieter Blanck Motor und Seele der „Gladbecker Aschermittwochs-Gespräche“ – gestern leitete Blanck, der Ende Mai in den Ruhestand geht, zum letzten Mal das von Volksbank und WAZ veranstaltete Forum, das regelmäßig ein ausgewähltes Publikum aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu einem speziellen Thema zusammenbringt. Diesmal informierte Dr. Helmut Linssen, einstiger CDU-Landtagsfraktionschef und ehemaliger NRW-Finanzminister, als Gastredner über die Aufgaben und Herausforderungen der RAG-Stiftung, die die Hinterlassenschaft des Kohlebergbaus zu bewältigen hat.
Wie eine mittelständische Firm mit 25 Leuten
Linssen (74) zählt zum dreiköpfigen Vorstand der 2007 gegründeten Stiftung, zeichnet dort für die Finanzen verantwortlich – ein ganz wesentlicher Job, soll doch die Stiftung mit ihrem Kapital für die „Ewigkeitskosten“ des Bergbaus nach dessen Auslaufen 2018 gerade stehen. Ganz konkret geht es vor allem ums fortwährende Abpumpen der stillgelegten Gruben, es geht um die Altlasten der Zechen und um nicht zu unterschätzende Pensionslasten, die es zu tragen gilt. „Die Ruhrkohle-Stiftung ist daher auch keine Stiftung im üblichen Sinne, sondern eine unternehmerische, die wie eine kleine mittelständische Firma mit 25 Leuten arbeitet“, erläuterte Linssen dem Auditorium.
Das hinter den Aufgaben liegende Ziel sei es, so Linssen, dass nicht der Steuerzahler die Zeche zahlen soll für all diese auf ewig angesetzten Kosten. „Das ist mal was Neues, könnte aber klappen“, so Linssen. Zur Zeit muss die Stiftung für diese Aufgaben 220 Mio Euro jährlich berappen, hat aber derzeit Einnahmen von rund 400 Mio Euro im Jahr, „Wir können also die Steuerzahler beruhigen“, so der Stiftungsvorstand.
"Wir sind auf einem guten Weg"
Um das Geld zu erwirtschaften, gehören der RAG-Stiftung aus dem ehemaligen „weißen“ Bereich der Ruhrkohle 68 Prozent der Anteile an dem Chemiekonzern Evonik, 30 Prozent an dem Wohnungskonzern Vivawest, 100 Prozent der RAG und inzwischen ein bunter Strauß an Unternehmens- und Fondsbeteiligen. Bis 2018, dem Ende der letzten zwei Zechen, soll der Kapitalstock noch weiter wachsen, kündigte Linssen an. „Wir sind auf gutem Weg“, resümierte der Finanzchef der Stiftung, der ankündigte, dass sowohl die RAG als auch die RAG-Stiftung auf dem Zollverein-Gelände in Essen eine neue Zentrale für die Zeit nach 2018 bauen wollen.
Lang anhaltender Beifall für Blanck
Volksbankdirektor Dieter Blanck hatte bereits bei seiner Begrüßung von einer großen Aufgabe gesprochen, vor der die RAG-Stiftung stehe, die das hochemotionale Thema der Zechenschließungen überdauern werde. Bürgermeister Ulrich Roland beschrieb in einem Grußwort die nachhaltige Prägung Gladbecks durch den Bergbau, sprach von „tiefen Spuren“, die dieser auch in Form der „Ewigkeitslasten“ hinterlassen habe.
Mehr für die Sicherheit der Bevölkerung tun
CDU-Politiker Linssen nahm am Rande des Vortrages auch zur aktuellen Politik in Sachen Flüchtlinge und Sicherheit Stellung.
Europa erlebe angesichts der ungelösten Flüchtlingsproblematik eine „sehr schwierige Situation“, die nur mit mehr Solidarität in Europa zu lösen sei, so Linssen.
Was das Thema Sicherheit anbelange, sei die Politik gut beraten, vor allem seit Köln, mehr für die Sicherheit zu tun. „Darauf sollten alle viel, viel mehr achten.“ Die Bevölkerung sei sehr sensibilisiert. Linssen: „Jeder, der in Verantwortung steht, tut sich keinen Gefallen, wenn man die Wahrheit nicht benennt.“
WAZ-Redaktionsleiterin Maria Lüning-Heyenrath sagte in ihrem Schlusswort, es klinge beruhigend, wie gut die Stiftung bislang wirtschafte und die Altlasten im Blick habe. „Die Region hat es nie leicht gehabt, aber auch diese Aufgabe wird sie schaffen.“
Lüning nutzte ihr Schlusswort, Dieter Blanck, der in der vergangenen Woche 65 Jahre alt geworden ist, für die 20 Jahre währende Veranstaltungsreihe der Aschermittwochs-Gespräche zu danken. Blanck sei Ideengeber, Organisator und Moderator der Reihe gewesen und habe stets hochrangige Referenten verpflichten können. „Er hat es geschafft, die große Welt auf die kleine, aber feine Volksbank-Bühne zu holen“, sagte Lüning, „das ist eine gut aufgestellte Veranstaltung.“ Das Publikum dankte Blanck mit lang anhaltendem Beifall.