Gladbeck. Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte über die Freude und Dankbarkeit von Flüchtling Habib, der in Gladbeck ein neues Zuhause fand.
Habib ist ein aufgeweckter junger Mann, der oft freundlich lächelt. Auffällig ist, dass seine Hände viel in Bewegung sind und leicht zittern. Er sei schnell nervös, sagt Habib entschuldigend. Eine gewisse Ruhelosigkeit liegt auch in seinem flink umherwandernden Blick, so als sei Habib ständig ein wenig auf der Flucht. „Und das ist er ja auch einen Großteil seines Lebens gewesen“, sagt Heike Becker.
Die Brauckerin hat sich des vor zwei Monaten in Gladbeck angekommenen Flüchtlings angenommen, der in eine Mietwohnung über der ihrer Mutter eingezogen ist. Und Habib ist jetzt wieder ganz besonders aufgeregt, zugleich auch stolz und voller Vorfreude: Von seinem wenigen Geld hat er zwei große Weihnachtsgeschenke für Heike Becker und ihre Mutter Marlies (70) gekauft. Eine besondere Weihnachtsgeschichte.
Ganz besonders ans Herz gewachsen
Alles fing damit an, dass der Junge mit der dunklen Hautfarbe nach dem Einzug am Abend bei Marlies Luft an der Tür klopfte, weil er kein Leuchtmittel in der dunklen Wohnung hatte und um Hilfe bat. Aus der anfänglichen Skepsis der 70-Jährigen dem Fremden gegenüber ist inzwischen herzliche Zuneigung geworden. „Habib ist sehr bemüht, deutsch zu lernen, und von einer tiefen Dankbarkeit, weil wir uns um ihn kümmern“, sagt Heike Becker. „Er ist uns ganz besonders ans Herz gewachsen.“ Nahezu täglich schaut der junge Mann mit seinem einnehmenden Lächeln bei Marlies Luft vorbei. Die Seniorin bringt ihm weiter die deutsche Sprache bei, sie lachen viel gemeinsam, und häufig essen sie zusammen. Ihre Mutter nenne Habib so inzwischen auch liebevoll „Mum“.
Mit dem wachsenden Vertrauen erfuhren die Gladbecker auch immer mehr von der traurigen bisherigen Lebensgeschichte des Flüchtlings. „Wahrscheinlich ist er siebzehn oder achtzehn Jahre alt, genau weiß er es nicht“, erzählt Heike Becker. Habib kommt aus Burma (Myanmar), einem Land, in dem unter der Militärdiktatur mehr als 20 Jahre lang Bürgerkrieg herrschte. Seine Eltern hätten sich vor etwa sechs Jahren entschlossen zu fliehen. Das war Habib elf oder zwölf Jahre alt. Die Familie verkaufte ihr Haus und etwas Land. Dann verloren sich in den Kriegswirren die Eltern und der Sohn aus den Augen. Ob sie noch leben, weiß der Flüchtling nicht.
Die Eltern als Kind aus den Augen verloren
Haben sie ihn zurückgelassen, wurden sie ermordet? Fragen, die Heike Becker wohl nie klären wird. Aus dem, was Habib bereit ist, von seinen sicher auch traumatischen Erlebnissen bruchstückhaft zu erzählen, ist klar, dass der Junge noch alleine in seinem Heimatland blieb, dann ging er fort. Zwei Jahre lebte er in Indien, schlug sich mit Kinderarbeit durch. Dann ging er nach Pakistan, blieb dort auch fast zwei Jahre. Danach schloss er sich einem Flüchtlingsstrom an. Die meiste Zeit ist er gelaufen, Griechenland erreichte er mit einem Schlauchboot und reiste schließlich über München in Deutschland ein.
Nun ist Habib Gladbeck zugeteilt. „Er hofft, am Ende seiner langen Reise zu sein, denn nach einem Zuhause hat er sich schon lange gesehnt“, weiß Heike Becker. Irgendwann habe Habib dann von Weihnachtsgeschenken gesprochen. „Ich hab ihm gesagt, dass Mum und ich keine Geschenke von ihm möchten.“ Dazu habe sie verdeutlicht, dass sie alles hätten und er auf sein Geld achten solle. Darauf habe Habib sie eindringlich angeblickt und ihr erklärt: „Ich habe viele Menschen in verschiedenen Ländern kennengelernt. Die meisten waren unfreundlich und nannten mich einen Bastard. Du und Mum, ihr seid hilfsbereit und nett zu mir. Ich möchte euch diese Geschenke machen, denn seit langer Zeit fühlt es sich für mich an, als hätte ich wieder eine Familie.“