Gladbeck.. 70 Jahre konnte eine Neuauflage von Hitlers „Mein Kampf“ blockiert werden, Ende 2015 laufen die Urheberrechte aus. Gladbecks Buchhändler sagen Nein zu unkommentierten Ausgaben.


Lügen, Halbwahrheiten, Hasstiraden, Propaganda, Größenwahn, mörderische Kriegslust und Antisemitismus – in Hitlers „Mein Kampf“ stecken die perversen Gedanken des Tyrannen. 70 Jahre konnte eine Neuauflage blockiert werden, Ende des Monats laufen die Urheberrechte aus, dann steht dieses juristische Instrument nicht mehr zur Verfügung. Jeder, der es möchte, kann das Giftbuch ab 1. Januar drucken.

Fest anvisiert ist bereits die Auflage einer wissenschaftlich kommentierten Edition durch das Münchner Institut für Zeitgeschichte. Sie soll ein seriöses Gegenangebot zur ungefilterten Verbreitung der Ideologie sein.

In Gladbeck hält sich seit Jahren die Nachfrage nach dem braunen Buch des Massenmörders schwer in Grenzen. Von einem Führer-Hype gibt und gab es hier keine Spur.

Per Fernleihe anfordern

„Das ist eine Hetzschrift“, sagt Frieder Kornfeld von der Stadtbücherei. „Und Hetzschriften – auch andere – haben wir hier bei uns nicht im Bestand.“ Allenfalls für wissenschaftliche Zwecke gab es in der Vergangenheit für Kunden die Möglichkeit, das Hass-Buch als Original zu ordern. Doch im Bestand war es niemals. Es musste dann per Fernleihe angefordert werden.

Eine Drei-Euro-Gebührengeschichte, die hin und wieder mal Schüler in Anspruch nahmen, die über das Buch eine Arbeit schreiben mussten. Dabei wanderte das Buch keinesfalls so über die Theke. Vielmehr musste schriftlich nachgewiesen werden, wofür es benötigt wurde – inklusive Unterschrift. Die 2000-seitige historisch-kritische Neuausgabe will Kornfeld erst mal nicht in den Bestand aufnehmen. Für ihn steht fest: „Das ist und bleibt eine Hetzschrift, auch wenn sie wissenschaftlich kommentiert ist.“

Mit wenigen Mausklicks im Internet

Doch klar ist trotz aller Debatten um eine Neuauflage, dass Interessierte Hitlers Text seit Jahren auf vielfältigen Wegen erhalten können. Es gibt ihn in Antiquariaten, legal gedruckt als englischsprachige Ausgabe oder mit wenigen Mausklicks im Internet. Nur nicht über den Buchhandel. Für Bernhard Söthe von der Humboldt-Buchhandlung ist klar, dass er „niemals Werbung machen würde für dieses Buch“.

Auch in der Vergangenheit sei eine entsprechende Nachfrage noch nie an ihn gestellt worden. „Das war kein Thema von Kundenseite.“ Zur bald erscheinenden kritischen Neuauflage des ideologischen Erbes Hitlers habe er von Verlagen noch keine Informationen erhalten. „Aber wenn es die wissenschaftlich kommentierte Edition ist, würden wir es verkaufen.“

Ein klares Nein zu unkommentierten Ausgaben von „Mein Kampf“ kommt auch von Torsten Woywod, Sprecher der Mayerschen Buchhandlung an der Hochstraße. „Diese werden wir auch zukünftig weder im Bestand führen noch bestellen.“ Allerdings werde man die kritisch kommentierte wissenschaftliche Ausgabe zur Bestellung anbieten.

Woywod: „Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir sprechen hierbei ja über die kritische Edition des Titels, die im Januar beim Institut für Zeitgeschichte erscheinen wird, das eine sehr renommierte wissenschaftliche Einrichtung ist.“ Und wie ist Woywods persönliche Meinung, würde er dieses Buch gerne verkaufen wollen? Die Antwort ist eindeutig: „Nein.“