Brutale Gewalt hatte sie angezeigt, doch kurz vor dem Prozess heiratete sie ihn. Jetzt kam sie aus der Klinik ins Gericht. Schlug er erneut zu?
Sie lebten nur kurz zusammen, waren mit Unterbrechungen etwas über ein Jahr ein Paar. Aber das, was in dieser Zeit geschah, muss jetzt das Landgericht Essen aufklären. Stalking, brutale Gewalt, erzwungener Sex – oder ein sorgloser Umgang mit der Wahrheit, der den Blick auf die Tat verstellt?
Ein bürgerliches Paar aus Rentfort: der Dachdeckermeister, 42 Jahre alt, und die gleichaltrige Büromitarbeiterin. Übers Internet hatten sie sich im Mai 2014 kennengelernt, Anfang Oktober zog er bei ihr ein, Ende Oktober warf sie ihn wieder heraus. Doch sie kamen nicht voneinander los. Am 5. Dezember drang er laut Anklage nachts durch ein Kellerfenster ein, ging ins Schlafzimmer, wo er sie geschlagen und vergewaltigt haben soll. Eine ähnliche Tat schildert die Anklage für den 18. April 2015, da soll er Teile des Dachs abgedeckt haben, um ins Haus zu kommen. Als er am 4. Mai erneut übers Dach ins Haus gekommen sein soll, sei es ihr mit drei Schüssen aus einer Schreckschusspistole gelungen, ihn zu stoppen. Außerdem listet die Anklage bedrohliche E-Mails auf. Vor der VII. Strafkammer spricht der Angeklagte von „meiner lieben Frau“, die er über alles in der Welt liebe. Die Wortwahl ist korrekt. Denn „am 25.9. um 11.30 Uhr“, so seine Angabe, haben sie geheiratet. Da war die Anklage, die auf der Aussage der Frau beruht, schon fertig. Doch Ruhe ist durch die Ehe nicht eingekehrt. Seit diesem Montag ist die 42-Jährige in der Klinik, er soll sie erneut verprügelt haben. Ihr droht der Verlust eines Auges. Als Zeugin belastet sie ihn.