Gladbeck. . Direkt gegenüber von Stadion und Freibad liegt die Kleingartenanlage „Am Stadion“. Allein – von Sichtweite kann nun wirklich nicht gesprochen werden.

Denn die 36 Parzellen der 1937 gegründeten Butendorfer Schreber-Oase wurden durch den Bau der B 224 und nachfolgend der Errichtung der hohen Lärmschutzwälle von der Freizeitstätte kurzerhand abgeschnitten. Kleingartenvorsitzender Peter Porsch sieht’s dennoch ganz locker und vor allen Dingen fröhlich. „Wir sind eingekesselt von Bundesstraße und Wald, fühlen uns aber trotzdem sehr wohl“, sagt er schmunzelnd.

Seit 38 Jahren steht Porsch fest zu seinem Kleingarten. „Als die Kinder klein waren, sind wir daran gekommen und haben es nie bereut.“ Ein Zuckerschlecken war es nicht, vielmehr wartete auf die Familie „von der ersten Stunde an viel Arbeit“. Arbeit, die natürlich viel Spaß machte und bis heute macht. Denn: „Die Gemeinschaft hier ist gut.“ Porsch will deshalb seinen Garten „solange weiter behalten wie es geht“. Dass hinter der hohen Lärmschutzwand der Straßenverkehr durchaus Lärm macht, nimmt Porsch nicht mehr wahr, er hat sich daran gewöhnt.

Genau wie das Ehepaar Renate (62) und Jürgen Thiel (64). Seit 25 Jahren genießen die beiden ihr Refugium – aber nicht im Sitzen, sondern schwer in der eigenen Scholle werkelnd. Während Jürgen den Spaten in die Erde rammt – „ich bin fürs Grobe zuständig“ –, schneidet Renate massige Zucchini ab. Dazwischen springt Berta freudig hin und her, die französische Bulldogge, die sich sichtlich wohlfühlt im grünen Rund. „Ist doch herrlich hier“, sagt Renate, streichelt Berta – „unser viertes Enkelkind“ – und atmet tief durch. „Wir brauchen die frische Luft. Das ist pure Entspannung, ein Ausgleich zur Hausarbeit.“

Leckere Süppchen und überbackene Gerichte

Und das schweißtreibende Gewusel in den Rabatten? „Heute ist unser Erntetag, wir waren letzte Woche nämlich nicht da.“ Die Beute kann sich sehen lassen. In Tüten verpackt sind Tomaten, Gurken und Zucchini. Zu Hause werden daraus leckere Süppchen oder überbackene Gerichte mit Schafskäse oder Gehacktem. Ganz klar, wer einen Garten besitzt, hat immer etwas zu tun.

Das Grün fordert Mann und Frau heraus, bietet aber im Gegenzug auch allerhand Wohlempfinden. Deshalb möchte Familie Thiel ihre kleine Oase auch keinesfalls missen. „Den Garten geben wir nur ab, wenn wir nicht mehr können.“ Und die B 224? Renate lächelt: „Ach wissen Sie, die stört mich nicht. Ich habe viel Fantasie, wenn ich im Liegestuhl liege, dann denke ich, es ist das Meeresrauschen.“

Das empfinden Nachbarn wie Abdulah Jalali genauso. Der gebürtige Iraner, der 1990 bei uns Asyl erhielt, ackert seit drei Jahren auf der eigenen Scholle. Er bietet kleine Tomaten an, reicht Salz dazu. „Die Natur macht mir Spaß, ich bin jeden Tag hier.“ Lärm? Bundesstraße? Der 57-Jährige winkt ab. „Höre ich nicht.“ Überhaupt macht ihm Lärm nichts aus, den kennt er aus Teheran. „Dort habe ich in der Nähe des Flughafens gewohnt.“ Längst vergangene Zeiten. Sein neues Leben und seine neue Heimat sind Gladbeck. Und natürlich der Kleingartenverein „Am Stadion“. Für ihn ist die Gartenzeit Freiheit pur. „Etwas Besseres gibt es doch nicht.“