Gladbeck. Nach mehr als 600 Jahren kurkölnischer Herrschaft und zweier „Zwischenspiele“ kamen 1815 endgültig die Preußen als Landesherren nach Gladbeck.

Vor 200 Jahren wurde Gladbeck preußisch, eine jahrhundertealte Ära der Landesherrschaft ging zu Ende. „Die preußische Knute löst endgültig den köllschen Klüngel ab“, höhnte der Volksmund. Tatsächlich festigte die am 30. April 1815 erlassene Verordnung eine Entwicklung, die bereits 1802/1803 begonnen hatte und Gladbeck noch radikal verändern sollte.

Mehr als 600 Jahre gehörte Gladbeck mit seinem Kirchspiel zum Vest Recklinghausen, das wiederum Herrschaftsbereich des Erzbischofs und Kurfürsten von Köln war. Im November 1802 geriet das Vest – und damit Gladbeck – im Zuge der Napoleonischen Kriege unter die Herrschaft des Herzogs von Arenberg. Im Februar 1803 wurde dies nach dem Sieg Napoleons durch den berühmten „Reichsdeputationshauptschluss“ besiegelt.

Im Dezember 1811 wechselt der Landesherr erneut: Das Vest Recklinghausen unterstand ab dieser Zeit dem Großherzogtum Berg – was aber auch nur ein Zwischenspiel sein sollte, denn nur gut drei Jahre später – eben Ende April 1815 – wurde das Vest Teil des Landes Preußen. Es war eine Folge der endgültigen Niederlage Napoleons und des Wiener Kongresses, der eine Neuordnung Deutschlands vornahm. Seit 1813 war das Vest aber bereits preußisch verwaltet worden.

Gut 2300 Menschen lebten 1815 in Gladbeck

Als Gladbeck preußisch wurde, lebten im Dorf und Kirchspiel Gladbeck mit fünf Bauernschaften nur gut 2300 Menschen.

Außerhalb des Dorfes wohnten 94 Bauern, 42 Kötter und 46 Ackersleute mit 28 Knechten und 21 Tagelöhnern.

I m Dorf arbeiteten u.a. neun Schreiner, sieben Stuhldreher, drei Zimmerleute, vier Schmiede, 16 Schuster, 15 Schneider, 42 Holzschuhmacher, 27 Leineweber, je einen Metzger und Bäcker und vier Wirte.

Dem ersten Chef der Mairie in Buer, Graf Wilhelm von Westerholt, standen 17 Munizipalräte zur Seite – drei aus Gladbeck: Bernard Feldmann, Hermann Schniering, Arnold Klostermann.

Mit Ende der Kirchenherrschaft und Machtübernahme durch die Preußen erlebte Gladbeck enorme Umwälzungen. Eine der wichtigsten war eine Verordnung von 1808 mit Abschaffung der Adelsherrschaft und Ende der Leibeigenschaft – die Bauernbefreiung. Auch die gutsherrliche Gerichtsbarkeit und Zwangsdienste wurden abgeschafft. 1811 wurde die französische Gemeindeverfassung eingeführt, fortan gab es „Mairien“ – Bürgermeistereien. Gladbeck wurde von der Mairie Buer mitverwaltet – aber zehn Jahre lang ohne die Bauernschaften Ellinghorst, Rentfort und Zweckel, die der Mairie Kirchhellen zugeschlagen. Erst 1821 wurde das rückgängig gemacht.

Nach 1815, als Gladbeck preußisch wurde (es war zu diesem Zeitpunkt auch die Provinz Westfalen entstanden), wurde das Vest Recklinghausen aufgelöst und der neue Kreis Recklinghausen gegründet und an dem neuen Regierungsbezirk Münster angegliedert.

Gefestigt wurden Gladbeck gemeindliche Strukturen 1823, als die erste Katasterkarte in den alten Kirchspielgrenzen entstand. Weitere wichtige strukturelle Veränderungen durch preußische Reformen waren die Markaufteilung 1823 (Privatisierung von Gemeineigentum), die Reallastenablöse (Abfindungen von Bauern an alte Grundeigentümer) und die Aufhebung des Ansiedlungsverbots.