Gladbeck. Nach dem Kriegsende vor 70 Jahren waren Essensbeschaffung und Enttrümmerung das Gebot der Stunde. Die Briten herrschten mit harter Hand.
Anfang April 1945, vor 70 Jahren, war in Gladbeck der Krieg vorbei – die schrecklichen Nachwirkungen aber allerorten sichtbar und spürbar. Die ersten Nachkriegswochen waren für die meisten Gladbecker vor allem von Essensbeschaffung und Enttrümmerung geprägt. Das war das Gebot der Stunde, heißt es übereinstimmend bei Zeitzeugen. Und ganz langsam begann dann der Wiederaufbau.
In den ersten Tagen der Besatzung wurde Brot verteilt, auch Maismehl, ebenso Soja und Hafer. Vor den wenigen Geschäften, die (noch) Essbares anboten, bildeten sich lange Schlangen. „Die Menschen waren glücklich, wenn sie ein kleines Maisbrot ergatterten“, erinnert sich Zeitzeugin Erna-Johanna Fiebig. Die Molkerei an der Sandstraße war die einzige, die Milch wenigstens für Schwangere hatte.
Schon wenig später gab es Lebensmittel nur auf Marken, die es wiederum nur mit Arbeitsnachweis gab. Viele hungerten, hatten Tagesrationen von nicht mal 1000 Kalorien, so Fiebig. Es dauerte Wochen, bis die neue Stadtverwaltung 1100 Kalorien zuteilen konnte. Sie war in der Villa Peliceus gegenüber der Jovy-Villa (in der die Militärregierung residierte) untergebracht und war anfangs nur mitarbeitend tätig für die amerikanische, später die britische Militärverwaltung mit Major D. Knight an der Spitze (bis 1949). Besonders die englischen Militärs verwalteten die Stadt rigoros.
Viele Frauen gingen auf Hamsterfahrt, vor allem ins Münsterland, und versuchten dort bei Bauern Essbares im Tausch gegen das wenige Wertvolle, das den Familien geblieben war, zu organisieren.
Erstaunt waren die Gladbecker, mit welchem Gerät und Material die Amerikaner ausgerüstet waren, erinnert sich ein Zeitzeuge. Selbst Bulldozer waren vorhanden, um die Straßen von Trümmern frei zu räumen. Dennoch wurden, auch von Kindern, lange Zeit Ziegelsteine von Hand geputzt und so wieder genutzt. Handwagen, Pferdekarren – alles wurde zum Transport genutzt. Bald wurde wieder gebaut, sogar schon parallel zur Enttrümmerung. Auch am Wiederaufbau der Schulen wurde gearbeitet. Verhindert wurde vom neuen „Verwaltungs- und Stadtausschuss“ das Abholzen des Wittringer Waldes, dessen Holz die Engländer für Haus-Instandsetzungen nutzen wollten. Offiziell wurden 1945 allein von Juli bis September 1388 Bauanträge gestellt.
Ein Aufatmen ging am 21. April 1945 durch Gladbeck, als es die Massenkapitulation deutscher Soldaten im Ruhrkessel gab. Täglich versammelten sich viele Menschen vor dem Polizeigebäude, wo es eines der wenigen funktionierenden Radios gab, das Beamte ins geöffnete Fenster stellten. Dort erfuhren die Gladbecker am 8. Mai auch von der Kapitulation Deutschlands.
Zu den Männern und Frauen der ersten Stunde, die nach dem Krieg wieder Verantwortung für ihre Stadt übernahmen, zählten Johannes Schulte und Wilhelm Olejnik, der im KZ war, aber auch Hans Boden, Fritz Lange, Elisabeth Brune, Hans Wuwer und Artur Schirrmacher.
Im Herbst 1945 konnte in elf Schulgebäuden wieder unterrichtet werden, dort wurden auch warme Suppen ausgegeben. Der Blechnapf war das wichtigste Schulutensil...
Im Spätsommer 1945 wurden wieder Gewerkschaften und Parteien zugelassen. Und: Ab Oktober 1945 durfte nach jahrelangem Verbot erstmals wieder getanzt werden!