Gladbeck. . Museum präsentiert kostbare Paramente und kunstvolle Stickerei. Die Exponate stammen aus der Werkstatt der Gladbeckerin Johanna Alfs (1859-1892) .
Dieses tiefe Blau ist einfach himmlisch, das leuchtende Purpur wie geschaffen für einen König, und das satte Grün scheint geradewegs aus dem Garten Eden zu stammen. Diese Pracht entfaltet sich vor den Augen des Besuchers, der die aktuelle Sonderausstellung im Museum der Stadt betritt: „Die geheimnisvolle Welt der Paramenten-Stickerei und der Handwerksbetrieb von Johanna Alfs in Gladbeck.“
Eine kleine, aber feine Schau hat Museumsleiterin Dr. Christine Schönebeck konzipiert. Exquisite Handarbeit – in Kreuz- und Plattstich, Goldlahn- und Filetstickerei – sowie wertvolle Materialen und eine schier grenzenlose Kreativität zeugen von der christlichen Überzeugung: „Ad maiorem dei gloriam“ – zur höheren Ehre Gottes.
Farbwahl, Darstellung und Ornamentik sprechen eine eigene Sprache, „die vor dem Hintergrund kirchlicher Tradition“ verstanden werden könne, so Schönebeck. Und weil gewiss nicht jeder Besucher firm auf diesem Gebiet ist, lüftet Schönebeck den Schleier, indem sie den Objekten Informationen zur Seite stellt. Die Kunstwerke zier(t)en Textilien für den Gebrauch im Gottesdienst. Wie dieses Objekt: Gott Vater thront über dem an das Kreuz geschlagenen Jesus; filigran die Gesichtsausdrücke, die von Leiden und göttlicher Huld erzählen. Das Gold glänzt noch so, als habe es eine Stickerin gerade erst auf den schweren Stoff gebracht.
Stich für Stich eine Kostbarkeit
Bei diesem Ausstellungsstück (vermutlich um 1900 angefertigt) handelt es sich um eine der Leihgaben der Propsteipfarrei St. Lamberti. Schönebeck erklärt: „Es war wohl eine Prozessionsfahne, doch die Kunsthistorikerin Kathrin Göttker meint, dass diese Arbeit ursprünglich ein Rückenschild gewesen sein kann.“ Diese Geschichten in Samt und Seide schmückten die Gewänder der Geistlichen, als es noch Usus war, den Gläubigen während der Messe den Rücken zuzukehren.
Führungen und Öffnungszeiten
Die Sonderausstellung im Museum an der Burgstraße 64 ( 2 30 29) läuft bis Ende August. Der Eintritt ist frei.
Führungen für Gruppen innerhalb und außerhalb der Öffnungszeiten sind nach Absprache möglich, auf Anfrage Führungen für Blinde und Sehbehinderte. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag 9-13, 14-17 Uhr; Samstag 13-17 Uhr; Sonntag 11-17.
Wer wie lange an dieser Kostbarkeit gestichelt hat? Man weiß es nicht. Das gilt für etliche Schätze, die in Sakristeischränken gehütet werden. Bei einigen Exponaten lässt sich allerdings sagen, welch kreativer Kopf sie ersonnen hat: Sie stammen aus der Werkstatt der Gladbeckerin Johanna Alfs, deren Nachlass das Museum erhielt. Über das „Fräulein“ ist indes wenig bekannt.
Einige Auskünfte gibt ihr Totenzettel von 1892. Das „Fräulein“, Mitglied im Weltlichen Dritten Orden des Heiligen Franziskus, wurde am 10. Februar 1859 geboren, die Näherin und Stickerin richtete eine Gewerbeschule ein, hatte erst an der Kaiserstraße 10, später am Kirchplatz 6 ein Geschäft. Auf einem Foto posieren neun Damen. Ob Johanna Alfs darunter ist? – ein Fragezeichen. Gewiss ist aber: Ihre Werkstatt verließen nicht nur Paramente, sondern auch weltliche Arbeiten wie Vereinsflaggen – ebenfalls neben Entwürfen zu bewundern.