Gladbeck. . SEO ist eine international gefragte Künstlerin, die zum zweiten Mal nach 2010 in der Neuen Galerie ausstellt.
SEO ist eine international gefragte Künstlerin, die zum zweiten Mal nach 2010 in der Neuen Galerie ausstellt. Übrigens zeitlich auf den letzten Drücker. Denn direkt nach dem Ende der Ausstellung gehen die „Glocken“ im Mai nach Venedig zur dortigen Biennale. Mit SEO sprach Gerhard Römhild.
Kommen Sie gerne nach Gladbeck?
Ja, ich hatte hier ja bereits eine Ausstellung. Warum sollte ich nicht eine weitere machen. Es ist toll hier, ein fantastischer Ort. Die Neue Galerie Gladbeck zeigt hervorragende zeitgenössische Kunst.
War Kunst in Ihrer Familie immer schon ein Thema?
Nein, eigentlich spielte das Thema keine große Rolle, also von den Eltern und Großeltern her. Aber meine Schwester war Künstlerin, sie war eine Hochbegabte. Von daher waren sie und ich von Jugendzeiten an mit Kunst beschäftigt. Wir beide wurden letztlich Künstlerinnen.
Was war der Anlass, sich damals für Deutschland zu entscheiden? Sie hätten ja überall hingehen können.
Während meines asiatischen Studiums der Tuschemalerei habe ich ein Extra-Studium aufgenommen. Der Lehrer hatte in Deutschland studiert, brachte jede Menge Kataloge von Künstlern des Deutschen Expressionismus mit zu uns. Er zeigte sie mir, ich war schwer begeistert. Die thematisierten Aussagen und diese intensive Farbigkeit haben mich fasziniert. Dann kamen die Bilder von A.R. Penck, Anselm Kiefer und Georg Baselitz hinzu. Diese Künstler haben mich, ich sage es mal so, attackiert, dass ich mich für kein anderes Land entscheiden konnte. Da kam nur Deutschland in Frage. Besonders der Georg Baselitz ist mir ans Herz gewachsen. Also habe ich gar nicht groß nachgedacht, die Koffer gepackt und bin nach Deutschland gegangen.
Sind Sie denn hier auch angekommen, also nicht als Reisende, sondern als Mensch?
(lacht) Ich bin Berliner!
Welche Einflüsse hat Deutschland auf Ihre künstlerische Arbeit?
Nun, ich suche immer noch. Keine der beiden Kulturen haben mich richtig beeinflusst. Ich forsche immer noch nach dem, was ich in Asien und Europa erlebt habe, gebe diesem Ausdruck in meiner Kunst. Es ist schwer zu sagen, was genau in meiner Kunst überwiegt. Der Prozess ist ein fortwährender und zudem noch völlig offen.
Kommt das Asiatische, also Ihre Heimat, dabei zu kurz? Steht Europa im Vordergrund?
Ich glaube, es ist eine ausgewogene Mischung. Aber es gibt ein Phänomen. Wenn ich in Korea bin, sagt man mir dort, ich sei zu europäisch geworden. Und wenn ich in Deutschland meine Freunde treffe, dann heißt es: Du hast ja immer noch eine asiatische Mentalität.
Was heißt das?
Nun, in Asien gibt es beispielsweise keine Direktheit wie hier. Erklärt wird dort vieles sehr indirekt. Ja, und in meiner Kunst steckt sehr viel Indirektes.
Sind Deutschland und Südkorea ein Widerspruch oder ergänzen sie sich?
Klare Antwort: Ich ergänze. Manche Gedanken gibt es in Korea nicht. Wiederum haben deutsche Freunde manche Perspektive nicht, wie es sie in Korea gibt. Meine künstlerische Aufgabe ist es eben, zu ergänzen.
Wie klappt es für sie, auch als Privatmensch, auf den beiden Kontinenten Asien und Europa zuhause zu sein?
Heutzutage haben wir eine globalisierte Welt. Das will ich auch mit meiner Glockeninstallation zeigen: Wir haben kein eigenes Heimatgefühl. Im Grunde sind wir durch diese Entwicklung Heimatfremde geworden.
Im Bentley schnell fahren ist pure Meditation
Sie waren Meisterschülerin von Georg Baselitz. Wie war das Verhältnis Lehrer und Schülerin?
Baselitz ist als Lehrer einfach fantastisch, hat mich unglaublich viele Dinge gelehrt. Er lässt nicht nur neue Sachen zu, es läuft auch immer parallel. Europäische und asiatische Einflüsse, die ich aufgegriffen habe, meine eigene Bildsprache, hat er immer unterstützt. Das aber nicht nur bei mir, sondern bei jedem seiner Schüler. Er hat nie Ziele aufgezeigt, sondern wollte, dass man die Ziele selber findet. Eben ein ganz toller Lehrer. Wir stehen immer noch in Kontakt. Ich habe die Schnur nicht verloren.
Wohin wird Sie Ihre künstlerische Reise führen?
Ich glaube, jeder Künstler hat ein Ziel. Ich forsche immer weiter, die unterschiedliche Mentalität in Asien und Europa ist wahnsinnig und die Kultur entsprechend. Mir geht es darum, das Wesen der Dinge zu zeigen. Und das will ich immer weiter erforschen. Wer beispielsweise vor meiner Glockeninstallation ,Das Gefühl in meinem Inneren’ allein steht, der spiegelt sich in der glatten Oberfläche. Ich kann also über mich nachdenken. Stehen Menschen hinter mir, dann sehe ich als Betrachter eine Wir-Gesellschaft. Ich kann also mit Menschen ohne Sprache kommunizieren.
Sie fahren gerne schnelle Autos?
Ja! Ich liebe das. Wenn ich 230 oder manchmal über 300 Stundenkilometer fahre, dann denke ich an nichts anderes. Muss mich ganz aufs Autofahren konzentrieren. Da kann ich alle anderen Gedanken abschalten. Das ist für mich eine kleine Meditation.
Welches Modell hilft bei dieser Meditation?
(lacht) Ich habe einen Bentley. Der ist schnell, braucht aber viel Benzin. Den Wagen habe ich übrigens gegen ein Bild eingetauscht.
Vernissage am Freitag, 6. Februar
Die Ausstellung der südkoreanischen Künstlerin SEO mit der Installation „Das Gefühl in meinem Inneren” und der Malerei „The Long Way Back“ eröffnet am Freitag, 6. Februar, um 19.30 Uhr in der Neuen Galerie Gladbeck an der Bottroper Straße 17. Die Arbeiten werden dann bis zum 3. April gezeigt.
SEO, geboren 1977 in Gwangju/Korea, studierte von 1996 bis 2000 an der Cho-Sun-Universität in Gwangju traditionelle Tuschemalerei. 2000 erhielt sie als beste Studentin das Stipendium der Cho-Sun-Universität. Von 2001 bis 2004 studierte sie bei Prof. Georg Baselitz an der Universität der Künste Berlin. In den Jahren 2003 und 2004 war sie seine Meisterschülerin. Ihr Künstlername ist der in Versalien als Markenzeichen geschriebene Familienname.
Die Einführung am Eröffnungsabend hält Christoph Tannert aus Berlin, der als Projektleiter und Geschäftsführer am dortigen Künstlerhaus Bethanien tätig ist. Seine hauptsächlichen Arbeitsgebiete sind Ausstellungsorganisation und Kunstkritik im Bereich der Gegenwartskunst. Tannert war langjähriges Mitglied des Redaktionsbeirats der European Photography, des Beirats Bildende Kunst des Goethe Instituts, München sowie des Rates für die Künste des Landes Berlin. 2005 erhielt Tannert für seine Verdienste um die deutsch-polnischen Beziehungen die Auszeichnung mit dem Verdienstkreuz in Gold der Republik Polen.