Gladbeck. . Bisher konnte Hermann Obst allein zum Arzt nach Buer fahren. Jetzt sind E-Scooter in Bussen und Bahnen verboten – ein Problem für den 62-Jährigen.
Seit Jahren plagen ihn gesundheitliche Probleme. Zahlreiche Operationen musste Hermann Obst (62) schon über sich ergehen lassen. Im Februar verlor der gelernte Kaufmann sein Bein und seit Anfang der Woche auch seine Fassung.
Mit seinem E-Scooter war der Gladbecker mobil, konnte ohne fremde Hilfe seine Ziele in Buer mit Bus und Bahn problemlos ansteuern. Bis vor ein paar Tagen. Seit Donnerstag, 4. Dezember, haben die Bogestra und Vestische, wie alle anderen Nahverkehrsunternehmen im NRW, von heute auf morgen die Beförderungen von E-Scootern grundsätzlich untersagt.
Hermann Obst erfuhr von einem Busfahrer, dass er nicht mehr mitgenommen wird, als er sich auf den Weg von Gladbeck nach Buer zu seinem Orthopäden machen wollte. „Was soll ich nun machen?“, fühlt er sich im Stich gelassen. Er muss mehrmals im Monat zu Behandlungen ins Marienhospital bzw. ins Bergmannsheil in der Nachbarstadt. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sei dass kein Problem gewesen. „Nun soll ich bei Wind und Wetter die Strecken mit meinem E-Scooter erledigen?“, fragt er und blickt Hilfe suchend um sich. Sechs Stundenkilometer ist der 4000 Euro teure E-Scooter schnell. Für längere Strecken ist er nicht geeignet. Die Folge: Der 62-Jährige ist jetzt auf den Krankentransport angewiesen. 214,60 Euro kostet die Fahrt, die, wenn es der Gesundheit dient, von der Krankenkasse gezahlt werden muss.
Kritik auch von Verbänden
Kritik gibt es auch von Behindertenverbänden. Die sprechen von einer Beförderungspflicht. Eine Verantwortung, aus der sich Unternehmen nicht stehlen könnten.
In einem Gutachten, das der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Auftrag gegeben hat, wird der Transport von E-Scootern in Bussen als Sicherheitsrisiko eingestuft: Die Scooter könnten bei starken Bremsmanövern umkippen oder ins Rutschen geraten.
Einen derartigen Unfall hat es aber bei der Vestischen noch nicht gegeben, wie Sprecher Reimund Kreutzberg auf WAZ-Anfrage sagte. Er betont, dass die Vestische in der Vergangenheit ausschließlich E-Scooter ohne Versicherungskennzeichen transportiert habe. Für die schnelleren Gefährte mit Kennzeichen waren die Busse auch bisher tabu. Das Gutachten des VDV mache da jetzt keinen Unterschied mehr.
Der Dachverband habe den Unternehmen dringend geraten, den Transport von E-Scootern zu unterlassen. Er sei zu gefährlich. Kreutzberg: „Dem sind wir nachgekommen. Bei einem Unfall haften der Betrieb und der Fahrer.“ Die Neuregelung gilt seit Anfang Dezember. Viele Betroffene erfahren davon erst, wenn sie in den Bus rollen wollen – entsprechend viele Beschwerden gibt es. Kreutzberg: „Bei uns stehen die Telefone nicht still.“