Gladbeck. Experten geben Lehrern, Ehrenamtlern, Kindergärtnern, OGS-Mitarbeitern, Ärzten oder Geistlichen streng vertraulich Handlungsempfehlungen. Die berufsbedingten Einblicke in die Familienwelten der betreuten Kinder und Jugendlichen können nämlich zu Konflikten führen, ob das Kindeswohl gefährdet ist

„Die uns geschilderten Fälle sind offensichtlich sehr bedrückend für die Ratsuchenden, die zu uns kommen“, berichtete Anne Bögemann dem Sozialausschuss. Die Therapeutin gehört zum Team des Beratungsangebotes für Geheimnisträger, das Mitte 2013 in Gladbeck geschaffenen wurde. Berufsbedingte Geheimnisträger sind Lehrer, Ehrenamtler, Kindergärtner, OGS-Mitarbeiter, Ärzte oder Geistliche, die mit ihren Einblicken in die Familienwelten der betreuten Kinder und Jugendlichen in einen Konflikt geraten können.

Oft nur vage Verdachtsfälle

Jeden Monat eine offene Sprechstunde

Das Beratungsteam für Geheimnisträger wird über die Träger AWO, Caritasverband, Junikum, gemeinnützige Jugendhilfe und Evangelischer Dienst für Erziehung angeboten.

Jeden ersten Donnerstag im Monat bietet das Team eine offene Sprechstunde (14 bis 16 Uhr) mit mehreren Fachkräften beim Kinderschutzbund, Kirchplatz 8, 1. Etage, an (ohne Anmeldung).

Darüber hinaus ist die Beratung erreichbar: 27 65 66.

Dann, wenn zum Beispiel in der Beziehung zwischen Eltern und Kind offensichtlich etwas schief läuft. Oft seien das nur vage Verdachtsfälle, „Graubereiche mit Klärungsbedarf“, die zum Zwiespalt führten, „ob bereits das Jugendamt eingeschaltet werden muss“, berichtete Berater Wolfgang Bröer, Bereichsleiter Pädagogik im Junikum, der Gesellschaft für Jugendhilfe und Familien St. Agnes. Um kompetenten Rat und Hilfestellungen außerhalb des offiziellen Behördenapparates zu vermitteln, wurde das vertrauliche Beratungsangebot in Gladbeck eingerichtet. Keine freiwillige Leistung, sondern eine Anforderung des 2012 in Kraft getretenen neuen Bundeskinderschutzgesetzes.

Elf Beratungen habe es in den vergangenen eineinhalb Jahren gegeben, „jedes Mal dramatische Situationen“ für die Hilfesuchenden, die um eine Gefährdungseinschätzung der Berater baten und um Empfehlungen, wie weiter vorgegangen werden könnte, so Anne Bögemann.

„Das Angebot schafft Sicherheit und zeigt Handlungsmöglichkeiten“, denn die bisherige Erfahrung habe gezeigt, „dass die Fachkräfte in vielen Situationen sehr unsicher sind, insbesondere an Schulen“, zog Wolfgang Bröer vor dem Ausschuss Bilanz.

So kamen auch acht Beratungsanfragen aus dem Bereich Schule/Offene Ganztagsschule, und drei Fälle aus dem Bereich Kindergarten. Ausschussmitglieder hakten nach, warum es nur eher wenige Beratungsanfragen gebe, und warum keine Anfragen aus anderen Berufsbereichen wie Ärzten erfolgt seien. Bröer regte an, dass die Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden sollte, da das kostenlose und vertrauliche Angebot offensichtlich nicht hinreichend in Kindergärten, Schulen, bei Ärzten oder Priestern bekannt sei.

Im anschließenden Gespräch mit der WAZ unterstrich Böer, dass Beratern wie Ratsuchenden selbstverständlich bewusst sei, „das bei offensichtlichen massiven Gewaltfällen, die das Kindeswohl akut gefährden, die Behörden eingeschaltet werden müssen.“ Solche drastischen Fälle seien aber nicht angesprochen worden. Eher Fälle von Verwahrlosung oder familiären Problemen wie Alkoholsucht, wobei offenbar geholfen werden konnte. „Weiteren Beratungsbedarf hat es dazu von den Ratsuchenden nicht mehr gegeben.“