Gelsenkirchen. Wie viele Infektionen bei Gelsenkirchener Schülern wurden bislang durch Schnelltests erkannt? Warum legen viele ihr Veto ein? Eine erste Bilanz.
Stäbchen rein, schlauer sein: Ganz so einfach stellt sich die Sache mit den Covid-19-Selbsttests in vielen weiterführenden Schulen dann doch nicht dar. Ein Rundruf bei einigen Schulleitungen ergab: Besonders die Vorbereitungen kosten die Kollegien viel Zeit und Nerven, zum Teil lehnt es rund ein Drittel der Schüler ab, sich freiwillig testen zu lassen, und die Sorge vor Ausgrenzung ist teilweise groß. Die bisherigen Ergebnisse freilich haben so manchen überrascht.
Die Bereitschaft, an den (zum Teil noch nicht abgeschlossenen) Tests teilzunehmen, ist recht unterschiedlich verteilt: Während am Grillo-Gymnasium mit seinen rund 500 Kindern und Jugendlichen bislang pro Klasse zwei bis drei Widersprüche dagegen vorlagen, sind es an der Gesamtschule Horst in der Oberstufe (240 Schüler) rund 25 und in der Sekundarstufe I (1200 Schüler) etwa zehn Prozent. An der Gesamtschule Ückendorf (1062 Schüler), die am Mittwoch alle Tests abschloss, legte etwa ein Drittel sein Veto ein.
Gelsenkirchener Eltern fürchten, Kinder könnten sich bei Tests verletzten
„Zu begründen brauchten die Eltern nicht, warum sie den Nasenabstrich für ihre minderjährigen Kinder ablehnten. Es reichte in allen Schulen, wenn sie das vom Land vorgegebene Formular ausfüllten“, berichtete GSÜ-Leiter Achim Elvert. In Gesprächen erfuhr er dann aber doch, warum sich so manche weigerten.
„Einige hatten Sorge, ihre Kinder könnten sich verletzen. Offenbar dachten sie, es handele sich um PCR-Tests, bei denen die Teststäbchen tief in Nase und Rachen eingeführt werden. Andere Eltern wollten nicht, dass die Ergebnisse öffentlich werden.“ Diskrete Einzeltests allerdings seien angesichts der hohen Schülerzahl nicht realisierbar gewesen.
Etliche Oberstufenschüler verweigern die Teilnahme aus Angst vor einer Quarantäne
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Besonders Oberstufenschüler fürchteten derweil eine Quarantäne für den Fall, dass ihre Tests positiv ausschlagen, berichteten nicht nur Achim Elvert, auch Sabine Cristea, didaktische Leiterin der Gesamtschule Horst, und Charlotte Renner, kommissarische Leiterin des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums (AvD) in Buer.
„Wir haben versucht ihnen klar zu machen, dass es dabei nicht nur um sie selbst geht, sondern auch darum, andere zu schützen. Einige wenige konnten wir so umstimmen, aber leider nicht alle“, so Elvert. Am AvD hatten die Lehrer mehr Glück: „Am Ende trat dann doch die gesamte Q2 zu den Tests an“, sagte Renner. Am Grillo-Gymnasium seien auch medizinische Gründe genannt worden, „etwa weil ein Kind schnell Nasenbluten bekommt“, so Leiterin Christhilde Schwindt.
Tests fanden mal in Kleingruppen, mal im halben Klassenverband statt
Während die GSÜ alle Tests auf einen Tag legte, verteil(t)en die übrigen befragten Schulleitungen sie auf mehrere Tage, um den Wechsel zwischen Präsenz- und Digital-Lerngruppen aufrechtzuerhalten. Die Gesamtschulen Horst und Ückendorf testeten ebenso wie das Grillo-Gymnasium in kleinen Gruppen, MPG und AvD wiederum im (halben) Klassenverband. Zuvor hatten viele Schulen ein Erklärvideo per Mail an Eltern und Schüler verschickt, das sie auch vielfach noch einmal anschauten, bevor sie zur Tat schritten – mit frisch gewaschenen Händen, versteht sich.
Selbst Hand anzulegen brauchte kein Lehrer der befragten Schulen. Allerdings war an der Gesamtschule Buer-Mitte (GBM) „deutlich unter zehn“ Pädagogen so mulmig bei der Begleitung der Selbsttests, dass sie Widerspruch bei ihrem Dienstherren, dem Land NRW, einlegten, berichtete Leiterin Ulrike Purz. Der Dienstanweisung seien sie aber trotzdem gefolgt.
„Wir haben für eine gute Belüftung und ausreichende Abstände zwischen den Schülern gesorgt“, betonte nicht nur MPG-Leiter Thomas Henrichs. Dort hatten etwa 20 der 934 Schüler Widerspruch gegen die Testungen eingelegt, am AvD waren es rund zehn Prozent von 682 Kindern und Jugendlichen.
Positive Schüler müssen PCR-Test machen
Und die Ergebnisse? Abschließend meldeten MPG und AvD je einen Fall, die GBM zwei, die Gesamtschule Horst fünf und die GSÜ sieben Fälle. Das Grillo-Gymnasium hatte bis Mittwoch keinen positiven Fall zu verzeichnen, setzt die Testungen aber noch fort; das Gauß-Gymnasium wollte keine Angaben machen.
GSÜ-Leiter Elvert und MPG-Chef Henrichs verwiesen darauf, dass Selbsttests auch falsch positiv sein könnten und laut Vorgaben vom Ministerium auch erst per PCR-Test bestätigt werden müssten. Allerdings: Erst wenn dieses Ergebnis negativ ist, können die betroffenen Schüler wieder am Unterricht teilnehmen.
Schulsozialarbeiter standen bereit, um Schüler emotional aufzufangen
Mancher Schulleiter zeigte sich von den Resultaten überrascht: „Ich hätte mit mehr positiven Fällen gerechnet“, sagten etwa MPG-Leiter Henrichs und Charlotte Renner (AvD). Und Grillo-Chefin Schwindt meinte: „Wenn wir nach den Osterferien tatsächlich verlässlich zweimal pro Woche derartige Selbsttestungen durchführen könnten, hätten wir eine gute Argumentationsbasis gegen die These, dass Schulen Corona-Hotspots seien.“ Derweil bewertet Elvert die sieben Fälle an der GSÜ als „im Vergleich nicht ungewöhnlich hoch“. Auch in anderen Städten gebe es Schulen, die bei 2000 Schülern 20 Positivfälle aufweisen.“
Um positiv getestete Schüler nicht nur auf dem Schulhof oder in großen Räumen von anderen zu isolieren, sondern auch emotional aufzufangen, standen an der GSÜ etwa Sozialpädagogen bereit, an der Gesamtschule Horst neben Klassenlehrern und Abteilungsleitern auch Schulleiter Markus Hogrebe. Während die sofort verständigten Eltern unterwegs waren, um die Kinder und Jugendlichen abzuholen. machten die Lehrer ihnen Mut und stellten heraus: Eine endgültige Bestätigung des Ergebnisses stehe noch aus.
Wie aussagekräftig solche Testungen tatsächlich sind, wenn rund ein Drittel der Schüler nicht daran teilnimmt, darüber wollte Elvert nicht spekulieren. „Es wäre schon einfacher, wenn jeder nur mit einem negativen Testergebnis am Unterricht teilnehme könnte.“