Gelsenkirchen. Seit dem 1. August lenkt Dr. Jörg Hillebrand als Geschäftsführer die Geschicke der Neuen Philharmonie Westfalen. Er trat damit die Nachfolge von Stephan Popp an, der seinen Vertrag nicht mehr verlängert hatte.

Seit dem 1. August lenkt Dr. Jörg Hillebrand als Geschäftsführer die Geschicke der Neuen Philharmonie Westfalen. Er trat damit die Nachfolge von Stephan Popp an, der seinen Vertrag nicht mehr verlängert hatte.

Der 45-jährige Musikwissenschaftler, geboren in Gütersloh, ist inzwischen nach Recklinghausen gezogen, wo das Orchester auch seinen Sitz hat. Die WAZ sprach mit dem erklärten Fan des Musiktheaters über Ziele, Hoffnungen und Sorgen. Und über Fußball, der ihn allerdings nicht interessiert.

Sie sind neuer Geschäftsführer der Neuen Philharmonie, nicht aber Intendant wie Ihr Vorgänger. Was unterscheidet Ihre Aufgaben von denen eines Intendanten?

Jörg Hillebrand: Ich übernehme voll und ganz die Aufgaben, die vorher Stephan Popp inne hatte, bis auf die künstlerische Hoheit. Die liegt nun beim Generalmusikdirektor Rasmus Baumann. Was aber nicht ausschließt, dass wir auch über künstlerische Angelegenheiten reden werden.

Gastdirigenten oder Solisten wählt somit zukünftig der GMD aus.

Hillebrand: Ja, allerdings müssen wir uns darüber verständigen, ob wir uns die überhaupt leisten können.

Für all die, die sich mit einem großen Orchesterapparat nicht auskennen: Was genau sind Ihre Aufgaben?

Hillebrand: Die Gesamtverantwortung für alle wirtschaftlichen und personalrechtlichen Dinge liegt bei mir. Ich bin Ansprechpartner für die Träger und die Zuschussgeber. Ich akquiriere Gastspiele und knüpfe und pflege viele Kontakte wie die zu Sponsoren, zur Politik, Wirtschaft, zur Presse. Ich überwache den Haushalt, gucke am Ende eines Monats auf die Zahlen und frage: Kommen wir aus mit dem Geld?

Sie haben lange journalistisch gearbeitet, waren in der Geschäftsführung der Bochumer Symphoniker und des Wuppertaler Orchesters engagiert: Was reizt Sie am neuen Amt?

Hillebrand: Nun, zunächst die Verantwortung für den gesamten Betrieb, dann auch die Zusammenarbeit mit Rasmus Baumann. Ihn halte ihn für einen Glücksfall fürs Orchester. Er ist kommunikativ und denkt auch in wirtschaftlichen und Marketing-Kategorien.

Finanziell ist das Orchester gerade in schwieriges Fahrwasser geraten.

Hillebrand: Ja, aber diese schwierigen Zeiten sind für mich ein zusätzlicher Anreiz. Gerade in solchen Zeiten braucht das Orchester jemanden, der hilft, die Finanzen wieder ins Reine zu bringen.

Dann waren Sie sicherlich beim Runden Tisch in Düsseldorf mit von der Partie. Wie schätzen sie das Ergebnis ein?

Hillebrand: Konkrete Ergebnisse gab es nicht, das Wichtigste aber war: Alle Seiten zeigten sich gesprächsbereit, alle wollen das Orchester erhalten. An diesen Tisch wurde aber auch sehr deutlich, wie schlecht die finanzielle Lage der Trägerstädte Gelsenkirchen, Recklinghausen und des Kreises Unna tatsächlich ist.

Wo sehen Sie Lösungen?

Hillebrand: Ich verstehe mich als Vermittler, suche das Gespräch mit allen Beteiligten. Ich stehe zwar auf der Arbeitgeberseite, habe aber ein großes, offenes Herz für die Musiker. Fest steht: Es darf jetzt nicht nur eine kurzfristige Lösung für nur ein Jahr geben.

Können Sie als „Finanzminister“ einen Konzertabend überhaupt genießen oder rechnen Sie gleich nach, was zum Beispiel der Solist kostet?

Hillebrand: Nun ja, wenn ich eine große Besetzung auf der Bühne sehe, dann klickt es schon bei mir im Kopf. Vor allem, wenn ich viele Aushilfen sehe, die gehen richtig ins Geld. Aber (lacht): Genießen kann ich die Musik dennoch.

Ihr Vorgänger schickte das Orchester häufig auf Gastspiele.

Hillebrand: Ich hoffe, dass wir das weiterhin leisten können. Gastspiele sind finanziell überlebenswichtig für uns. Ich verfolge aber eine andere Politik als in den Vorjahren und plane, in Zukunft vor allem fertige Konzerte weiter zu verkaufen, die beliebte „MiR goes“-Reihe zum Beispiel oder die neuen Sonntagskonzerte. Dann spielen wir mit weniger Diensten das gleiche Honorar ein.

Tritt die Neue Philharmonie Westfalen als Landesorchester oft genug in Erscheinung?

Hillebrand: Ich finde: Ja. Um das in Zukunft weiterhin zu können, müssen wir allerdings unsere aktuelle Besetzungsstärke weitgehend behalten. Mit einem wesentlich kleineren Orchester könnten wir das nicht mehr leisten.

Sie sind selbst Musiker, war das nie eine Berufsperspektive?

Hillebrand: Doch, schon, ich habe ja Posaune studiert, da war das eine Weile auch Berufswunsch. Irgendwann habe ich mich aber mehr auf die Musikwissenschaft und das Orchestermanagment konzentriert. Der Vorteil, dass ich selbst Musiker bin: Ich spiele immer mit dem Herzen mit. Ich bin einer von denen.

Welche Musik hören Sie selbst gerne?

Hillebrand: Ich bin passionierter Opernfan. Früher war Queen meine Lieblingsband. Ich mag Opern von Richard Strauss. Lange war „Elektra“ meine Lieblingsoper. Nachdem ich jetzt am Musiktheater „Die Frau ohne Schatten“ gehört habe, mag ich diese Oper ganz besonders. Ich höre aber auch gerne Mozart-Opern oder Barock-Werke von Händel.