Gelsenkirchen.. Die Gelsenkirchener Stadtverwaltung und die Bezirksregierung Münster bestätigen die Mängel. Nachbesserungen sollen zu einem für alle tragbaren Konsens führen. Schlimmster möglicher Fall: die Rückforderung der Fördergelder.

Mit 35 Millionen Euro ist die Erneuerung der Horster Straße neben dem Umbau der Bismarckstraße das aufwändigste Bauprojekt Gelsenkirchens. Nirgendwo sonst wird so viel Geld – Steuer-, Förder - und Eigenmittel – verbaut wie auf der Nord-Süd-Achse zwischen Buer und Beckhausen. An der Baustelle hat sich Kritik entzündet. Mit an vorderster Front: der Gelsenkirchener Manfred Liebich. Der Rentner, zugleich Landesgruppenleiter des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter, hat sich als unbequemer Mahner und Sachkundiger zum Thema Barrierefreiheit einen Ruf erarbeitet. Liebich hat Verwaltung und Bezirksregierung Münster mit einer Mängelliste konfrontiert. Auch die WAZ war deshalb vor Ort.

Auszug aus der Mängelliste

Auf der Horster Straße wurden bereits einige Nachbesserungen auf den Weg gebracht.
Auf der Horster Straße wurden bereits einige Nachbesserungen auf den Weg gebracht. © Helge Hoffmann | Helge Hoffmann

Beanstandet wurde eine Menge: (Blinden-)Leitstreifen ohne richtigen Abstand zum Hindernis. Sie führten Sehbehinderte direkt auf Lichtmasten. Als Hinderniswarnung gedachte Aufmerksamkeitsfelder seien nicht durch Noppenplatten ausgeführt, an Übergängen seien die Absenkungen für Rad- und Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollator nicht regelkonform. Radwege seien nicht richtig ausgeführt/erkennbar. Die ertastbare Trennung zwischen Rad- und Fußweg sei vergessen worden bzw. es gebe eine schlechte (optische) Trennung der Wege mangels kontrastreichem Pflaster. Am Kino und Museum fehlten Auffangstreifen, die Haltestellen seien nur bedingt behindertengerecht, sogar gefährlich.

Die Bezirksregierung

An Ortsterminen hat die Bezirksregierung Münster als Aufsichtsbehörde teilgenommen, dabei mit im Boot: Stadt, Bogestra, Baufirmen. „Die Kritik ist oft berechtigt“, sagt Pressereferentin Sigrun Rittrich. Man dränge auf eine barrierefreie Lösung, Stadt und Bogestra stünden unter Zugzwang, dass die eingeleiteten Nachbesserungen zu einem für alle tragbaren Konsens führten. Sollte das letztlich nicht der Fall sein, „droht schlimmstenfalls die Rückforderung der Fördergelder“.

Die Verwaltung

Die Stadt erklärte sich sehr knapp. „Viele Gewerke arbeiten gleichzeitig, da passieren Fehler. Einige sind bekannt, andere nicht“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. Nachbesserungen seien derzeit im Gange, aber alles ginge eben nicht immer. „Es kann vorkommen, dass ein Lichtmast nicht an seiner geplanten Stelle steht, weil darunter etwa ein massives Fundament ist oder eine sehr alte Rohrleitung, die nicht verzeichnet waren.“ Und es herrsche Platzmangel. Nichtsdestotrotz, niemand werde es dazu kommen lassen, Fördergelder zurückzufordern nur wegen einer falschen Leitlinie.