Gelsenkirchen. . Für St. Mariä Himmelfahrt in Rotthausen kommt jetzt ein Heimatmuseum als Anregung ins Nutzungs-Spiel. Eine Lösung für Heilig Kreuz soll nun bis 2017 gefunden sein. Die Parabelkirche in Ückendorf soll Veranstaltungsraum werden. Hängepartien gibt’s auch an Auferstehungs- und Paul-Gerhardt-Kirche.
Was wird aus Kirchen, die nicht mehr im „aktiven“ Dienst sind, die vom Mittelpunkt ihrer Gemeinden zum Problemfall wurden? Sie mit neuem Leben zu füllen, tun sich die Akteure schwer, wie vier gewichtige Fallbeispiele zeigen.
Am 7. Juni 2007 hieß es in Rotthausen Abschied nehmen. Auch für Hermann Staudinger. Abschied von „seiner“ katholischen Kirche St. Mariä Empfängnis, die für ihn mehr war als ein Gotteshaus. Eben auch ein großes Stück geistliche Heimat. „Damals wurde der letzte Gottesdienst gefeiert“, sagt Staudinger. Der Schließungsbeschluss war weit vorher gefallen. Damit war die ab 1893 mit romanischen Stilelementen erbaute Kirche Geschichte. Und nur noch Denkmal.
Es soll die Initialzündung für neue Diskussionen sein
Mehr oder minder vage Ideen für eine Nachnutzung (zuletzt ein Klettergarten) wurden ent- und verworfen, die Kirche derweil nach und nach ausgeräumt. Orgel und Lampen, Taufbecken und Bänke fanden kirchliche Abnehmer, der Kreuzweg ziert jetzt das Marienhospital. Das Gebäude an der Beethovenstraße wurde mit einem Bauzaun umstellt. Der Pfingststurm setzte ihm zuletzt schwer zu.
So kann es nicht weiter gehen, fanden Mitglieder von Heimatbund und lokalem Bürgerverein, Bergbausammlung und Kirchengemeinde St. Augustinus. „Es passiert erst was, wenn ein Thema in der Öffentlichkeit diskutiert wird“, stellt Karlheinz Rabas vom Heimatbund Gelsenkirchen fest. Vom gemeinsamen Vorschlag, in der Kirche ein Heimatmuseum mit einem Café einzurichten, erhoffen sie sich jetzt die Initialzündung für eine neue Diskussion. „Gelsenkirchen hat eine spannende Geschichte von der dörflichen Entwicklung bis zur Großstadt“, die für Rabas eine weitere museale Aufarbeitung verdient. Bedarf sei da. „Die Stadt ist ja nicht gerade reich an Museen.“
Augustinus-Pfarrer Manfred Paas findet die Idee durchaus ansprechend, hält aber dagegen: „Die Kirche ist sehr baufällig. Da geht nichts, ohne eine Riesensumme in die Hand zu nehmen.“ Der Propst geht von rund 4 Millionen Euro aus, allein für die Instandsetzung und räumt ein: „Wie das dort weitergeht, ist nicht klar.“
Heilig Kreuz, die sehenswerte Parabelkirche von Josef Franke an der Bochumer Straße ist ein ähnlicher Sorgenfall – allerdings mit Perspektiven. Sie soll das Veranstaltungszentrum des geplanten Kreativquartiers Ückendorf werden. In loser Folge wird Heilig Kreuz kulturell bespielt. Paas hofft, „dass wir bis 2017 eine klare Lösung haben und die Kirche in andere Trägerschaft übergeht und säkularisiert wird“. Kulturort in Etappen(von Poetry-Slam bis zu Aussttellungen) ist auch die ev. Auferstehungskirche in der Neustadt – mehr nicht (mehr). Studenten machten sich zuletzt 2012 Gedanken über eine Nachfolgenutzung des 400 Quadratmeter großen Kirchenraums. Ihr Favorit: eine Herberge. Es blieb bei Gedankenspielen. Längst weiter ist man eigentlich in der Paul-Gerhardt-Kirche. Dort soll ein Beginenhof entstehen. Doch das Projekt in Ückendorf steckt ebenfalls in einer Endlos-Warteschleife.
Die Beginen warten in Ückendorf auf Altintop
„Das ist schon verrückt“, sagt Doris Stöcker, Vorsitzende des Beginenvereins.. „Es gibt das Grundstück, es gibt den Verein, es gibt jemand, der bauen will – und wir suchen händeringend nach einem Investor, der das auch will.“ Seit 2010 warten die Frauen auf die Realisierung ihres Wohntraums, der Frauen unterschiedlichen Alters mit und ohne Kinder unter einem Dach vereinen soll. Aufgegeben haben sie bislang nicht. Stöcker: „18 Frauen sind noch dabei. Wir sind ein ziemlich harter Kern.“ Für die meisten Anhängerinnen der Beginenhof-Idee gilt: Sie wollen in Gelsenkirchen bleiben, auch wenn es derzeit offenbar ein „sehr konkretes Angebot aus Essen gibt.“
Einzimmerapartments und Wohnungen sowie ein Gemeinschaftsraum sollen auf dem 4324 Quadratmeter großen Gelände entstehen. Der besondere Charme: Kirchenraum, Turm und das große Bleiglasfenster der ev. Paul-Gerhardt-Kirche sollten erhalten und in den Neubau integriert werden.
Als Entwickler trat die Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft Senne (GSWG) aus Bielefeld an. Der Baustart wurde für 2012 angekündigt. Als Investor an Bord war damals Fußballprofi Hamit Altintop. Mit dem gebürtigen Gelsenkirchener, aktuell bei Galatasaray Istanbul, wurde seitens der evangelischen Kirchengemeinde der Erbbauvertrag für das Grundstück geschlossen, die GSWG hat wiederum mit ihm einen Vertrag über die Bauausführung. Doch allein kann oder will Altintop das Projekt wohl nicht stemmen, einen Rückzieher hat er allerdings noch nicht angekündigt. Für den Ückendorfer Pfarrer Peter Finke bleibt da nur ein kleines Stoßgebet: „Schön ist die Situation nicht. Wir hoffen, dass endlich Investoren gefunden werden.“