Gelsenkirchen. Der Auftakt der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ führte eine Gruppe von Lesern ins Rohrwerk im Industriegebiet Berliner Brücke. Dort fertigt das Unternehmen Wayss & Freytag insgesamt 12 000 Rohre für das Mammutprojekt Emscher-Umbau.
Die diesjährige Aktion „WAZ öffnet Pforten“ startete am Mittwochnachmittag mit Superlativen: Bis zu 40 Tonnen wiegen die Rohre, die das Unternehmen Wayss & Freytag in seinem Werk im Industriegebiet Berliner Brücker für das Mammutprojekt Emscher-Umbau fertigt. 12 000 Rohre will die Frankfurter Firma dort für das Unterfangen fertigen. Das Werk baute Wayss & Freitag eigens für den 423 Millionen Euro schweren Auftrag der Emschergenossenschaft. 125 Schächte muss das Unternehmen auf dem 35 Kilometer langen Bauabschnitt 30 zwischen Dortmund und Bottrop bauen, in einer Tiefe bis zu 40 Metern.
Mit diesen Informationen und außerdem einem kleinen Exkurs über die Geschichte des Emscherkanals durch den Vorstandsvorsitzenden der Emschergenossenschaft, Jochen Stemplewski, ging es auch beinahe direkt in das Herzstück des 2012 in einem früheren Thyssen-Werk errichteten Rohrwerks. 100 Mitarbeiter sind dort beschäftigt.
So viel wie acht VW Golf
„Das hier“, tätschelt Werksleiter Andreas Rheinländer auf dem Außengelände über hellgrauen Beton, „ist ein sogenanntes 1800er-Rohr und hat einen Außendurchmesser von 2,20 Meter.“ 16 Tonnen, also so viel wie acht VW Golf wiege dieses Teilstück. Den WAZ-Lesern erklärt Rheinländer die Wichtigkeit der Gummidichtungen, die später aufs Ende des Rohres aufgezogen werden: Sie sollen verhindern, dass Abwasser nach außen und Grundwasser nach innen gelangt.
Die Zusatzstoffe für den Beton, erfahren die Besucher vor einem rund 20 Meter hohen Turmblock, werden thermisch behandelt: im Sommer müssen sie gekühlt, im Winter gewärmt werden. Weil der Spezialbeton nach acht Stunden ausgehärtet sein muss, sind viele chemische Zusätze nötig. „Die Rohre sollen möglichst 100 Jahre haltbar sein“, erklärt Jochen Stemplewski.
Spezialbeton ist fünf Mal härter
„Wie bekommen Sie das hin, dass die Rohre nicht brechen?“, möchte ein WAZ-Leser wissen und verweist auf Bergsenkungen. Die seien nie ganz auszuschließen, antwortet der Chef der Emschergenossenschaft, seien aber vor Beginn des Emscher-Umbaus planmäßig nicht mehr zu erwarten gewesen. Rheinländer ergänzt, das der Beton beinahe fünf mal so hart sei wie herkömmlicher und zudem der Stahlgrad ein höherer sei. Die Beweglichkeit der Stränge sei mit der einer Fahrradkette zu vergleichen.
Nur zwei Personen sind erforderlich, um eins der riesigen Rohre zu fertigen. In die Außenverschalungen werden über einen Laufkran die in der Nachbarhalle produzierten Bewehrungskörbe und die Innenhülsen eingelassen. Der Zwischenraum wird anschließend von einem Betonkübel von oben gefüllt. Zum Aushärten verschwinden die Rohre acht Stunden lang unter orangefarbenen Folien. Erst nach neun Tagen können die stehenden Produkte am „Kipptisch“ in die Horizontale gebracht werden. Und so werden sie auch an die Bestimmungsorte transportiert.