Gelsenkirchen. Nach der Fusion von Evonik Immobilien und THS zieht der neue Wohnungsriese Vivawest eine positive Bilanz. „Wir genießen eine hohe Akzeptanz in der Politik, bei unseren Kunden und Anteilseignern“, so Geschäftsführer Robert Schmidt am Dienstag, als er die Wirtschaftsdaten des Unternehmens präsentierte.

Robert Schmidt nennt die Nebenkosten, die seine Kunden zahlen müssen, die „zweite Miete“. Der Chef von Vivawest, mit 122 000 Wohnungen der größte Anbieter in NRW, hat ausgerechnet, dass die Nettokaltmieten, die in seine Kasse fließen, zwischen 2000 und 2013 real gesunken seien. Die Preise für Haushaltsenergie hätten dagegen einen satten Sprung von 112 Prozent, die für Strom von 99 Prozent gemacht. Hinzu kommen Betriebskosten, die um 20 Prozent teurer wurden.

Angesichts dieser dramatischen Entwicklung warf Schmidt gestern vor Journalisten in Gelsenkirchen die Frage auf, wie Wohnen für Mieter überhaupt noch bezahlbar bleiben kann. Und er gab gleich die Antwort. „Wir brauchen keine Mietpreisbremse, sondern eine Energiepreisbremse“, forderte der Vivawest-Chef und schlug ein „Bündnis für gutes und bezahlbares Wohnen“ auf Bundesebene vor. An dem runden Tisch sollen nach seinen Vorstellungen Vertreter aus Politik, Wohnungswirtschaft, Mieterschaft und Experten teilnehmen, um nach Lösungen zu suchen.

Günstigerer Energieeinkauf

Schmidts Wort hat Gewicht. Er führt nicht nur Vivawest, der 2012 aus der Fusion von Evonik Immobilien und THS hervorging. Er sitzt auch im Präsidium des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

Vivawest selbst hat aber auch Schritte eingeleitet. Nach Schmidts Angaben sei der Gaseinkauf zentralisiert worden und biete nun Preisvorteile von bis zu 20 Prozent. Günstigere Bedingungen habe man auch bei den Fernwärmeanbietern ausgehandelt. Und: „Bei Vivawest nutzen wir den Spielraum für Mieterhöhungen nur zur Hälfte aus.“ Pro Quadratmeter zahlten die Kunden in 2013 eine Kaltmiete von 4,93 Euro. Das waren 1,6 Prozent mehr als 2012. Vivawest investierte 10,83 Euro pro Quadratmeter. Der Umsatz wuchs um 18 Millionen auf 808 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen ging leicht auf 328 Millionen Euro zurück.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass sich Evonik Immobilien und THS zu Vivawest, dem größten Wohnungsanbieter in NRW, zusammenschlossen. „Wir genießen eine hohe Akzeptanz in der Politik, bei unseren Kunden und Anteilseignern“, zog Geschäftsführer Robert Schmidt Dienstag eine erste Bilanz.

Den 600 Mitarbeitern, die unter der Herkules-Skulptur auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Nordstern arbeiten, wird es dort bereits zu eng. Vivawest lässt deshalb ein ehemaliges Kesselhaus abreißen, um Platz für neue Büroarbeitsplätze zu schaffen.

Über 122 000 Wohnungen in NRW

Hinter dem neuen Immobilien-Riesen mit seinen mehr als 122.000 Wohnungen stehen die Gesellschafter RAG-Stiftung, die Gewerkschaft IGBCE, der Evonik Pensionstreuhand e.V., Evonik und die RAG. Sie haben Vivawest die Aufgabe gestellt, den „dritten Weg“ zu gehen, der soziale und wirtschaftliche Verantwortung vereinbar macht.

Nach Einschätzung von Geschäftsführer Schmidt sei das gelungen: „Wir haben mit der Fusion keinen Arbeitsplatz abgebaut und investieren in die Region.“ Und das ist in erster Linie das Ruhrgebiet: 10 892 Wohnungen hat Vivawest allein in Duisburg, 9267 sind es in Essen und 6435 in Gelsenkirchen.

Im Stadtquartier Schloss Horst entwickelt das Unternehmen seit 2005 gemeinsam mit der kommunalen Wohnungsgesellschaft GGW das neun Hektar große Areal der ehemaligen Galopprennbahn. 120 Wohneinheiten in Ein- und Mehrfamilienhäusern, die das Zusammenleben mehrerer Generationen ermöglichen sollen, sind bereits entstanden. Der Baubeginn für 63 weitere Einheiten ist für dieses Jahr geplant. Bislang wurden in Horst rund 13,5 Millionen Euro investiert. „Wir bauen auch noch neu“, unterstrich Vivawest-Chef Schmidt. 33 Millionen Euro waren es im vergangenen Jahr. Damit will sich der Konzern von anderen Wohnungsbaugesellschaften unterscheiden, die sich in Händen von Finanzinvestoren befinden.

200 Millionen Euro investiert

Nach Angaben von Geschäftsführerin Claudia Goldenbeld investierte Vivawest 2013 mehr als 200 Millionen Euro. Über 95 Millionen Euro davon flossen in die Instandhaltung und fast 55 Millionen Euro in die Modernisierung von rund 1650 Wohnungen. „Das ist eine Quote von 1,3 Prozent des Gesamtbestands, die merklich über dem Schnitt unseres Branchenverbands liegt“, so Goldenbeld. Die Durchschnittsmiete pro Quadratmeter stieg um 1,6 Prozent auf 4,93 Euro.