Gelsenkirchen. . Das Evangelische Industrie-Pfarramt feierte mit einem Freiluftgottesdienst am Kanal sein 50-jähriges Bestehen. Den ganzen Tag lang wurde mit einem bunten Programm an die Aufgaben des besonderen Pfarramtes erinnert.

Gleich zwei Geburtstage wurden am Samstagmorgen an der Gelsenkirchener Schleuse gefeiert: Zum einen das 100-jährige Bestehen des Rhein-Herne-Kanals und besonders der 50. Geburtstag des Evangelischen Industrie-Pfarramts (kurz: ISPA). Was lag da näher, als ein Gottesdienst an der frischen Luft, genau dort, wo Gelsenkirchen in Norden und Süden geteilt wird? Dieser Trennung sollte jedoch entgegen gewirkt werden – unter dem Leitspruch „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“.

Trotz der Wolken am Himmel hatten sich Samstagmorgen doch viele auf den Weg zum Wasser gemacht. Am Pumpenhaus unterhielt ein Leierkastenspieler die Menge mit Seemannsliedern, bevor Pfarrer Dieter Heisig die Anwesenden begrüßte. „Ein fröhlicher Feiertag“ sei es, und der Gottesdienst nur der Startschuss für einen Tag, der mit einem Konzert, „wie es in Gelsenkirchen nie zuvor dagewesen ist“, so Heisig, enden solle: einem Konzert für Orgel und Dudelsack nämlich, in der Nicolai-Kirche in Ückendorf.

Und auch für die Messe hatte sich das Pfarramt etwas Besonderes einfallen lassen: Musiker des Gelsenkirchener Blechbläserensembles „Back to Brass“ begleiteten den Gottesdienst, und auch die Predigt war außergewöhnlich. Pantomime „Adrian“ durfte selbige „halten“ – denn „manchmal muss man gar nicht zuhören, sondern nur schauen“, schmunzelte Pfarrer Heisig. Und so schärften alle ihren Blick: Leichtfüßig hin- und herstolzierend kommt der Darsteller bald an ein Hindernis. Etwas liegt im Weg, unter Kraftanstrengung hebt er es auf, hievt es sich selbst auf den Rücken. Unter der sichtbaren Last zieht er weiter seines Weges, kommen ihm jedoch alsbald neue Päckchen in den Weg – unter jedem weiteren Paket auf seinem Rücken geht er gebeugter, schaut gequälter drein, bis er irgendwann unter dem Gewicht begraben wird. Er versucht, sich Gehör zu verschaffen, vergeblich – bis plötzlich ein anderer des Weges kommt, ihn freischaufelt. Er teilt die Last auf beide Rücken auf, und zusammen ziehen sie von dannen.

Eindrucksvoller hätte die Botschaft wohl nicht übermittelt werden können. Denn besonders in der Industrie war und ist diese Last nicht nur symbolisch, sondern buchstäblich zu verstehen. Vor allem vor 100 Jahren, als der Kanal errichtet wurde, gab es noch keine Bagger oder Transportbänder, so Heisig. Einmal mehr hieß es unter Kumpels oft „Ey, pack mal mit an!“. Solidarität, wie es schon vor zweitausend Jahren in der Bibel geschrieben wurde, baut Brücken – zwischen den Menschen, aber auch über Kanäle – „und diese sollen überquert werden“.