Dass Behinderte trotz zahlreicher Gesetzesnovellen heute praktisch immer noch nicht völlig gleichgestellt sind, muss Gabi Arens seit anderthalb Jahren erleben.

Die 47-Jährige ist an Multipler Sklerose erkrankt. Um wenigstens eingeschränkt mobil zu bleiben, hat sie sich einen Elektro-Scooter, also einen akku-angetriebenen Rollstuhl, angeschafft, der bis zu 15 km/h schnell fahren kann. Das Hilfsgerät ist auf Grund der relativ hohen Geschwindigkeit kennzeichnungspflichtig und das führt zum einem echten Problem: Weil es kein geschriebenes Gesetz gibt, wer mit welchen Hilfsmitteln transportiert werden darf, nimmt die Bogestra Gabi Arens und ihren Scooter problemlos in Bussen und Bahnen mit, die Vestische aber verweigert ihr den Zutritt.

In den vergangenen Jahren veränderte sich das Leben von Gabi Arens schlagartig. Noch vor zwei Jahren fuhr die Mutter eines Sohnes selbstständig Motorrad, doch dann fiel es ihr immer schwerer, sich zu bewegen und vor allem die Beine machten schlapp. So war es schnell mit dem Auto- und Motorradfahren vorbei.

„Das war mir dann irgendwann zu gefährlich. Aber da ich mir vorsorglich schon den Elektro-Scooter angeschafft hatte, dachte ich, ich könnte auch trotz Krankheit selbstständig mobil bleiben“, erzählt Gabi Arens. Immerhin ist die Bueranerin trotz ihrer Krankheit sehr aktiv. Regelmäßig besucht sie Freunde in den umliegenden Städten und nimmt an den Treffen und Gesprächen einer Selbsthilfegruppe in Herten teil.

„Ich habe mich damals für den schnelleren Scooter entschieden, da ich ja auch noch etwas mit meiner Familie unternehmen möchte“, erzählt Gabi Arens. So sind gemeinsame Fahrradtouren beispielsweise kein Problem. „Mit 12 bis 15 Kilometer pro Stunde kann ich gut neben meinen Sohn und meinem Mann herfahren, auch wenn die beiden die Geschwindigkeit ein wenig drosseln müssen“.

Angewiesen auf den ÖPNV

Nur wenn Gabi Arens alleine außerhalb Gelsenkirchens Stadtgrenzen fahren möchte, bekommt sie ihre Behinderung deutlich zu spüren. Mit den Scooter machte sie sich im Winter 2013 auf den Weg zu einem Arzt in Scholven. „Es lag Schnee und war sehr kalt. Und da ich mit meinem Scooter ja quasi Cabrio fahre, bin ich auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen“, sagt Arens. Doch der Busfahrer der Vestischen weigerte sich, die Behinderte mitzunehmen, obwohl sie eine gültige Marke in ihrem Behindertenausweis mit dem Vermerk „aG“ für außergewöhnliche Gehbelastungen dabei hatte. Die Begründung: Ein Fahrzeug mit Kennzeichen nimmt die Vestische nicht mit. Und: Das Ganze passierte nicht einmal, sondern mehrfach.

Dieses Problem hat sie aber nur bei der Vestischen. Die Bogestra nimmt die Bueranerin in Bussen und Straßenbahnen mit. „Nur, wenn ich in den Vestischen Kreis möchte, wird mir die Weiterfahrt verwehrt. Deshalb habe ich die Selbsthilfegruppe in Herten auch schon ein Jahr lang nicht besuchen können“, sagt die 47-Jährige.

Sie fühlt sich in ihrer Freiheit eingeschränkt. Denn immerhin ist es von der Bauart des Scooters egal, ob dieser sechs oder 15 Kilometer pro Stunde fährt – die Größe das Fahrzeuges ist dieselbe. Einzig und allein das Kennzeichen ist der Knackpunkt.