Gelsenkirchen. Am Wochenende standen in Ückendorf buchstäblich fast alle Türen offen: Auf der Galeriemeile im Süden der Stadt waren Samstag und Sonntag Galerien und Ateliers geöffnet und boten Einblick in das Kreativquartier.

Der Startschuss wurde in der Heilig-Kreuz-Kirche gegeben – „im Herzen des neuen Kreativquartiers“, wie Peter Liedtke von der Galeriemeile treffend formulierte. „Höchste Zeit“ wäre es, so Oberbürgermeister Frank Baranowski, dass die Türen wieder „sperrangelweit“ offen stehen. Und das taten 15 Türen an der Zahl in ganz Ückendorf. Fotografien und Malereien, aber auch Skulpturen warteten auf dem Spaziergang durchs Quartier.

Was von fern wie eine Blumenwiese aussah, entpuppte sich im Atelier artdepot als Figur aus grünem Draht und vielen bunten Knöpfen – „Mauerblümchen“ von Renate Brändlein. Im urigen Café Willkür wurden neben Kunst auch Kaffee und Kuchen serviert, die Stadtteilgalerie bild.sprachen präsentierte „Reportagen aus der Nachbarschaft“.

Aufnahmen von der Unesco-Projektschule und der Halde Rheinelbe hingen dort neben Porträts von Ückendorfer Unternehmern. Vorträge, Konzerte und Lesungen strukturierten das Programm des Wochenendes: Heinz Stein gab in seiner Galerie seine Aphorismen und „Philosoviechereien“ und Gedichte mit einem schelmischen Zwinkern zum Besten – „Rhabarber mit Barbara“, etwa.

Stadtteil hat „das gewisse Etwas“

Selbst zum Künstler werden konnten die Kunstinteressierten im Kulturverein Eurasia. Neben Kunst von Roman Pilgrim hatte Pedro Malinowski, Fotograf des Musiktheaters, ein Fotostudio eingerichtet: Ein Spiegel, eine Kamera und eine große weiße Leinwand. Mithilfe des Selbstauslösers entstanden so ganz individuelle Selbstporträts. Es wurde gelacht, gesprungen, getanzt und wild posiert. Anschließend suchte sich jeder mit Malinowski das beste Foto heraus, welches sowohl als Erinnerung mit nach Hause als auch von innen ins Schaufenster kam – so entstand eine Sammlung an Facetten.

So viel gab es zu entdecken, dass hinterher wohl jeder Frank Baranowski in seiner Eröffnungsrede zustimmen musste: Ückendorf hat „sich als Kreativquartier etabliert“, der Stadtteil hat „das gewisse Etwas“. Er ist offen, multikulturell und auch mal kaputt – aber auch „aus Altem entsteht wieder Neues“.

Vortrag über das Schicksal der Familie Böhme wurde verschoben

Weniger schön: Der Vortrag von Andreas Jordan in der Galerie Bild.sprachen (Bergmannstraße 37) wurde mangels Zuspruch verschoben – auf Donnerstag, 5. Juni, 18.30 Uhr. Jordan berichtet dann über das Schicksal der elfköpfigen Sinti-Familie Böhmer, die ab 1930 an der Bergmannstraße 34 gelebt hat. Die Böhmers wurden von den Nazis ins KZ verschleppt und umgebracht.