Gelsenkirchen. . Der Klangkosmos Weltmusik klingt wieder. Den Auftakt übernahm Vitorino Salomé in der Bleckkirche in Gelsenkirchen. Der Portugiese und seine Band sind nicht nur begnadete Musiker. Sie kennen auch die Befindlichkeiten ihrer Landsleute sehr genau.
Das kleine Gotteshaus ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Menschen sind gespannt und neugierig auf die Begegnung mit großen, unbekannten Klängen. Die Kirche der Kulturen lädt regelmäßig zu einem außergewöhnlichen Ausflug in den riesigen Klangkosmos der Weltmusik ein, zu einer Reise in ferne Länder und fremde Musikwelten.Eine Erfolgsgeschichte. Zum Start der neuen Saison „Weltmusik NRW“ in der Bleckkirche gastierte die portugiesische Musikerlegende Vitorino Salomé.
Der WDR schnitt das Konzert des Sängers und seines dreiköpfigen Ensembles mit und will es am 8. April senden. Salomé gilt seit nunmehr vier Jahrzehnten als die Gallionsfigur der populären Musik Portugals, als Künstler, der sich den kleinen Sorgen der Menschen widmet, der aber auch stets und offensiv den Unterdrückten, den politischen Kämpfern gegen Ungerechtigkeit eine Stimme gibt.
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In der kühlen Bleckkirche hatte diese Stimme aber zunächst Probleme, klang rau und ruppig, entwickelte erst nach einer Weile geschmeidige Stärke und Kraft. Um die stärker in den Vordergrund zu rücken, spendierte der Meister des melancholischen Gesangs am Ende vier Lieder mehr als ursprünglich geplant. Pfarrer Thomas Schöps lässt es sich gewöhnlich nicht nehmen, zu Beginn die Künstler und ihre Heimatländer vorzustellen. Das war diesmal kaum nötig, kennen viele Zuhörer Portugal doch aus dem Urlaub, auch einige Exil-Portugiesen waren im Publikum.
Übersetzerin fürchtet „Herzkasper der Grammatik“
Der prägte und begleitete mit seinen Liedern die ersten Jahre nach der sogenannten Nelkenrevolution 1974, porträtierte in zahlreichen Liedern Alltag und Lebensgefühl der Menschen des „Alentejo“, der Region zwischen Lissabon und Algarve. In der Bleckkirche gab Vitorino Salomé jeweils kurze Einführungen in seine Lieder und Balladen, die teils so surreale Texte hatten, dass die Übersetzerin fürchtete, „die Grammatik könne einen Herzkasper bekommen“. Salomé besang in einem sanften Walzer den politischen „Zusammenbruch“ von 1974, einen fröhlichen Fado der Prostituierten, gab in einem Bolero den armen Vorstädtern Lissabons einen Sound. Besang den Verlust geliebter Menschen, das mühselige Verlassen der Heimat und plauderte augenzwinkernd von seinen Landsleuten, die zwar nicht so praktisch veranlagt seien, „aber dafür ist jeder zweite Portugiese ein Dichter“.
Sérgio Costa (Piano), Rui Alves (Perkussion) und Daniel Salomé (Klarinette, Saxophon) bewiesen, dass es auch großartige Musiker hervorbringt. Beifall und stehende Ovationen dafür am Ende einer spannenden Liedexkursion in die portugiesische Befindlichkeit.