Ja, es gibt durchaus positive Entwicklungen am Gelsenkirchener Arbeitsmarkt. Aber auch ja: An der angespannten Gesamtsituation hat sich trotz aller Bemühungen, neue Arbeitsplätze zu rekrutieren, Betriebe anzusiedeln oder Arbeitslose für die Wiederaufnahme einer Arbeit zu qualifizieren, grundlegend nicht sehr viel geändert. Vergleiche mit anderen Städten des Ruhrgebiets machen dies deutlich.
So hatte Gelsenkirchen Ende 2012 insgesamt 75 703 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, die Stadt Essen, doppelt so groß, hatte mit 226 044 aber drei Mal so viele. Deutlich wird das Ungleichgewicht auch an einem anderen Beispiel: 18 252 Menschen haben 2012 in GE eine Beschäftigung aufgenommen, 57 585 waren es in Essen.
Mehr Teilzeitbeschäftigte seit 2011
Karl Tymister, Chef der Agentur für Arbeit, Reiner Lipka, Geschäftsführer des Integrationscenters für Arbeit GE (IAG) und Rainer Schiffkowski als Sprecher der städtischen Wirtschaftsförderung zeichneten am Donnerstag bei der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Arbeit und Soziales sowie Wirtschaftsförderung ein umfassendes Gesamtbild der Situation in Gelsenkirchen. Ausgehend von der Einführung des SGB II (Hartz IV) auf der einen und beginnend mit dem Sterben von Kohle und Stahl auf der anderen Seite (in Summe waren das 60 000 Arbeitsplätze) machten die drei Kooperationspartner deutlich, warum GE trotz alle Bemühungen in vielen Statistiken immer noch (fast) das Schlusslicht bildet. 2013 beispielsweise mit einer Arbeitslosenquote von 14,4 Prozent.
Eine statistische Veränderung bei der Vollzeitbeschäftigung – die Zahl ist zwischen 2011 und 2013 gesunken, die der Teilzeitbeschäftigten gestiegen, erklärte Karl Tymister so: „Die Arbeitgeber haben gemerkt, dass sie Vollzeitstellen zum Teil als Teilzeitarbeit melden müssen.“ Anders gesagt: Arbeitnehmer, die in einem 40 Stunden-Vollzeitbetrieb nur 38 Stunden arbeiten, sind folgerichtig nur Teilzeitbeschäftigte. Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit gemessen am Landes- und Städtevergleich sieht er „auf einem bedauernswert hohen Niveau“.
Tymister warf gestern auch einen Blick in die Zukunft, kündigte einen dramatisch steigenden Fachkräftemangel an und überdies das Zuschnappen der Demografiefalle.
Reiner Lipka malte für den Bereich des Jobcenters ebenfalls keine rosigen Zukunftsbilder. Im Gegenteil. Jährlich würden zwar rund 1000 Hartz IV-Empfänger aus Gelsenkirchen weg ziehen, „aber 1300 neue kommen zu uns“. Da sei zusätzliche Hilfe von der Politik nötig, betonte er und verwies auf den Gelsenkirchener Appell. Eine schnelle Verbesserung der Situation werde es nicht geben.