Gelsenkirchen. Schläger bedrohten am Sonntag am Schalker Markt eine rumänische Familie. Während die Frau und die Kinder in einen Hof flüchteten, hatte der Ehemann weniger Glück. Die Polizei schrieb eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Für Samstag ist jetzt eine Anti-Rassismus-Kundgebung geplant.

Am Samstag wird es im Stadtteil Schalke ab 13 Uhr zu einer Antirassismus-Kundgebung kommen, und zwar an der Ecke Gewerkenstraße/Schalker Markt/Schalker Straße. Angemeldet wurde die Veranstaltung für eine Größenordnung von 300 Personen vom Gelsenzentrum, einem Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte. Dessen bekanntestes Gesicht in der Stadt ist Andreas Jordan. Er forciert u.a. die Stolperstein-Verlegungen zum Gedenken an vom NS-Regime verfolgte Menschen.

„Der Anlass für die Kundgebung ist ein sehr aktueller“, sagte Jordan der Redaktion. Am Sonntagabend griffen seiner Darstellung nach am Schalker Markt mehrere Personen eine Familie aus Rumänien auf offener Straße an, die erst vor gut einer Woche in das Haus Nummer 6 eingezogen war. Die Täter sollen die Familie derart in Panik versetzt haben, dass der nur die Flucht blieb – in den Hof des Wohnhauses, aber nicht auf ein angrenzendes Dach, wie Jordan zunächst erfahren haben will. Die Häuser dort sind zweigeschossig und mit Giebeldächern versehen.

Auf das abwarten, was die Opfer sagen

Mehrere Streifenwagen, bestätigte die Polizei unserer Redaktion auf Nachfrage, seien am Sonntagabend um 21.30 Uhr zu der Adresse in Schalke gefahren. Gemeldet worden war der Leitstelle eine Schlägerei. „Wir haben festgestellt, dass eine Gruppe dort am Schalker Markt einen Mann rumänischer Herkunft körperlich angegangen ist“, sagte Sprecher Johannes Schäfers. Nähere Hinweise, etwa zum Grund für den Zwischenfall, gibt die Polizei derzeit nicht an. „Unserer Ermittlungen laufen intensiv. Aber wir müssen vor allem abwarten, was das Opfer uns sagen wird.“

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Mit einem Dolmetscher soll diese Befragung zeitnah durchgeführt werden, um den Hintergrund der Tat näher beleuchten zu können. Klar ist heute, dass die Beamten am Sonntagabend eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung schrieben. Die Befragungen vor Ort ergaben zunächst nichts Näheres, auch weil die Polizisten Verständigungsprobleme hatten.

Rumänische Familie konnte in einer anderen Wohnung untergebracht werden 

Mittlerweile erhielt die Stadtverwaltung Informationen über den Zwischenfall am Schalker Markt. Näheres, sagte Sprecher Martin Schulmann auf Nachfrage, wisse man aber auch nicht. Zur Auflösung könne man nichts beitragen.

Zwischenzeitlich konnte die rumänische Familie dank der Unterstützung der Arbeiterwohlfahrt in einer anderen Wohnung untergebracht werden. Schon am Montag, am Tag nach dem Zwischenfall, schaute sie sich mit einem Sozialarbeiter die neue Unterkunft an, am Nachmittag zog sie um.

So schnell diese Hilfe auch kam, steht für Andreas Jordan aber fest: „Der rassistische Angriff auf Angehörige einer Minderheit darf nicht ohne zeitnahen Protest bleiben und womöglich Schule machen.“

Vorfall ist im Wohnquartier ein Thema

Am Schalker Markt sind die Hausnummern in einer einfachen Zahlenfolge vergeben. Der dunkle Durchgang zum Hof zwischen den Nummern 5 und 6 mag vieles sein, einladend aber ist er momentan nicht. An der Eingangstür des eingerüsteten Hauses steht in senkrecht geschriebenen Lettern das Wort „Asis“. Am Klingelbrett sind noch zwei Namen zu lesen, alle anderen lauten auf „Mustermann“. Auf das Klingeln gibt es keine Reaktion.

Gleich nebenan, vor Hausnummer 6, soll sich am Sonntagabend eine fremdenfeindlich motivierte Tat ereignet haben. Eine Schlägergruppe soll eine erst wenige Tage zuvor aus Rumänien zugezogene Familie in Angst und Schrecken versetzt haben. Ja, bestätigen vor Ort auf Nachfrage der Redaktion mehrere Anwohner, davon hätte man gehört. Das sei hier rund um den Schalker Markt ein Thema.

„Dabei war das doch eine ganz nette Familie. Die haben immer einen sehr freundlichen Eindruck auf uns gemacht, wenn wir mit ihnen zu tun hatten“, sagt eine Verkäuferin. Sie selbst habe zwar nichts gesehen am Sonntag, aber im Geschäft habe es jemand erzählt, der wohl Augenzeuge war. „Die Familie soll auf der Straße angesprochen worden sein.“ Dann habe wohl ein Wort das andere gegeben.

Dass der Vorfall Anlass für eine Antirassismus-Kundgebung am Samstag ist, das ist ihr neu. Und spontan sagt sie: „Das hat uns auch noch gefehlt.“