Gelsenkirchen. Die Gelsenkirchener Klinikleiter weisen die Vorwürfe des AOK-Reports wegen mangelnder Hygiene und anderen Behandlungsfehlern weit vor sich. In der Tat arbeiten die Gelsenkirchener Häuser seit 2011 im Umgang mit Patienten, die von multiresistenten Keimen befallen sind, vorbildlich. Jeder neue Patient – außer im Psychiatrie-Bereich – wird bei der Einlieferung getestet.

Der AOK-Report beklagt mangelnde Hygiene und „unerwünschte Ereignisse“ durch vermeidbare Fehler wie etwa bei der allergischen Reaktionen auf Medikamente in Krankenhäuser. Vor allem beim Thema Hygiene fühlen die Gelsenkirchener Häuser sich auf Nachfrage zu Unrecht gescholten. Tatsächlich gilt in Gelsenkirchen seit dem 1. April 2011 eine freiwillige Vereinbarung, dass alle neuen Patienten in allen Krankenhäusern vor Ort auf MRSA getestet werden. Fällt der Schnelltest positiv aus, beginnt umgehend die Isolierung des Patienten und Sanierung.

„Unser Vorversuch hatte gezeigt, dass die Risikogruppen, die wir schon lange getestet haben, gerade mal die Hälfte der Befallenen stellten. Deshalb testen wir jetzt alle,“ erläutert der Geschäftsführer des Bergmannsheil Buer, Dipl. Betriebswirt Werner Neugebauer. Der Aufwand sei sehr hoch, eine entsprechende Entschädigung durch die Krankenkassen gebe es nicht. Etwa zwei Prozent der Patienten kämen mit multiresistenten Keimen ins Haus. Die Zahl derjenigen, die im Krankenhaus erst infiziert werden, sei deutlich gesunken, so Neugebauer. Generell müsse es einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft geben, bei Hygiene und Ernährungsverhalten – Stichwort Medikamente im Fleisch.

Bei Verdacht auf MRSA wird der Patient isoliert

Am St. Josef-Hospital wird schon seit 2007 gescreent. Bei Verdacht auf Befall wird der Patient isoliert schon bevor das Ergebnis vorliegt, so Dr. Peter Auer, Chefarzt der Inneren am St. Josef. Was viele Betten vorübergehend sperre. Das sei dem Haus die Sicherheit der Patienten jedoch wert.

Auch die Evangelischen Kliniken testen jeden Patienten und isolieren bei Bedarf. Sehr gering sei die Zahl der Patienten, die wegen Behandlungsfehlern klagen, in der Inneren Klinik (als Beispiel) sei es im Schnitt eine Klage im Jahr. Nur einmal sei es hier in den letzten Jahren zu einem Vergleich gekommen, der Rest wurde abgewiesen. Das Elisabeth-Krankenhaus freut sich über die „sehr guten Ergebnisse, die wir dank Screening erreicht haben. Wir liegen bei den Neuinfektionen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt“, betont der Hygienebeauftragte und leitende Arzt der Geriatrie, Dr. Willi Leßmann.

„Nicht klar, wer die Zahl von 19.000 Toten zustande kommt“

Auf die gemeinsame Verpflichtung der Gelsenkirchener Kliniken beim Kampf gegen MRSA verweist auch Christian Atzpodien, Leiter der Unternehmenskommunikation St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH, zu der auch das Marienhospital gehört. Zum AOK-Report erklärt er: „Dazu können wir nichts sagen, vor allem nicht zu den 19.000 Toten. Uns ist nicht klar, wie diese Zahl zustande gekommen ist.“

Zu den Zahlen der AOK mag auch Klaus Mika, Leiter im Referat Gesundheit der Stadt Gelsenkirchen und Facharzt für Innere Medizin und öffentliches Gesundheitswesen, nichts sagen. Sie seien vermutlich aus den Abrechnungen abgeleitet, die Rückschlüsse auf Todesfälle nach bestimmten Infektionen zuließen. Das Netzwerk „GEmeinsam gegen MRSA“ bemühe sich erfolgreich, das Infektionsrisiko für Patienten zu verringern. Dazu trügen sowohl das Screening wie auch die Schulung des Personals bei. Aber, so Mika: „Es gibt kein Krankenhaus, das keine Keime hat.“

Empört hat der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, auf die „Pranger-Kultur“ der AOK reagiert. Das „Horrorgemälde“ entspräche keinesfalls der Realität. „Die Patienten sind in unseren Kliniken gut aufgehoben“, betonte er. Im übrigen sei die Zahl der angezeigten Behandlungsfehlers seit Jahren relativ konstant. Nachgewiesen würden sie allerdings nur selten.