Am 11. 11. zeigen die Narren keine Begegnungsangst. Mediziner empfehlen dagegen Zurückhaltung beim Körperkontakt - um Ansteckung zu vermeiden. In den Apotheken werden derweil Vorsorgesets gegen Schweinegrippe verkauft.

Bei Anruf Schunkelalarm. Zumindest das jecke Bazillus, das ist klar, hat Gerd Schwenzfeier voll erwischt. „Schau mir in die Augen”, tönt es in der Partyversion vom Handy, ehe man den Geschäftsführer des Bundes Gelsenkirchener Karneval am Ohr hat. Der 11. 11. läutet bei ihm unüberhörbar die Session ein. Da wird geherzt, gebützt, gefeiert, der Hoppeditz geweckt. Ist da die drohende Schweinegrippe ein Stimmungstöter?

„Um Gottes Willen, ich werde mich nicht zurückhalten. Wir sind ja froh, dass man sich wieder häufiger sieht”, sagt Schwenzfeier und glaubt: „Begegnungsangst gibt es nicht. Joode Fründe steh'n halt zusammen. „Das liegt an jedem selber, ob er auf Distanz geht oder nicht. Das wird sich normal ergeben. Ich glaube nicht, dass Karnevalisten mit Mundschutz losziehen werden”, sagt Beate Lehmkuhl von der KG Erler Funken.

Bützen? Da würde Klaus Mika, der Leiter des Gesundheitsreferats, sich derzeit in Zurückhaltung üben. Wenn es geht, würde er auch „Händeschütteln vermeiden und nicht gerade jeden umarmen. Man sollte ein bisschen vorsichtig sein.” Seine Ansage: „Ruhig bleiben, entsprechend verhalten, impfen lassen. Nur die Impfung gibt Sicherheit. Und der Impfstoff ist verträglich.”

Zur Zeit sind in Gelsenkirchen 72 Menschen akut erkrankt. „Die Zahl wird steigen. Wir stehen ja noch am Anang der Grippesaison”, sagt Mika. 4000 Impfrationen hat die (für die Verteilung ausgeloste) ABC Apotheke in der Altstadt bislang auf Bestellung der Ärzte und der Verwaltung geliefert. „Von unserer Seite gibt es kein Problem. Wir haben bisher alle Bestellungen auch liefern können”, sagt Inhaber Karsten Vilter. Der Bürokratieaufwand für die Abrechnung mit dem Land ist „nicht ohne”, so der Apotheker. Und er wird zunehmen. „Erst wollte keiner, jetzt wollen sich viele impfen lassen.” Selbst lässt er sich nächste Woche den Impfschutz verpassen – wie auch die Hälfte seiner 30-köpfigen Belegschaft. „Vorschreiben kann man das ja nicht.”

Zwei Stichproben zeigen: Die Krankenzahl in den Schulen ist nicht dramatisch gestiegen „Rund zehn Kinder” haben in den letzten 14 Tagen im Max-Planck Gymnasium gefehlt. Einweghandtücher, Pump-Desinfektion und Verhaltensaufkleber gehören zur Grundausstattung in den Klassen. Die Grippe-Aufklärung wurde in Schulkonferenz und Schulpflegschaft intensiviert. „Wir sehen das unproblematisch”, sagt der stellvertretende Schulleiter Klaus schörken Die Lehrer der Gesamtschule Berger Feld führen Strichlisten und fragen bei jeder Krankmeldung nach. Bisher gab es vier bestätigte Schweinegrippe-Fälle – bei 1500 Schülern.

Neue Angebote zur Neuen Grippe

Die Neue Grippe generiert neue Angebote – zum Beispiel das „Vorsorgeset Schweinegrippe”. Mundschutz, Desinfektionsmittel, Taschentücher und Zink-Vitamin-Brausetabletten zur Immunstärkung kosten beispielsweise in der Rosen-Apotheke an der Robert Koch Straße 5,99 €. Rege Nachfrage registriert dort Apotheker Matthias Kollmann und insgesamt bei seinen Kunden "viel Verunsicherung durch die Medien” in punkto Grippe.