Gelsenkirchen.

Zwei Journalisten, ein Referendar. Sonst sind die Zuhörerplätze vor dem Essener Schwurgericht am Donnerstag leer. Das Familiendrama aus Heßler, das an sechs Prozesstagen aufgeklärt werden soll, findet ohne andere Familienmitglieder oder Nachbarn als Publikum statt. Versuchter Totschlag ist angeklagt.

Am 6. Juli dieses Jahres hatte der blutige Streit in der Kanzlerstraße die Öffentlichkeit erschüttert. 19-mal hatte der 52 Jahre alte Angeklagte nachts auf seine 15 Jahre jüngere Lebensgefährtin eingestochen, sie lebensgefährlich verletzt. Besonders schrecklich: Die beiden Kinder der Frau, ihre vierjährige Tochter und ihr 15-jähriger Sohn, mussten zusehen, als der Mann das Messer immer wieder in den Körper der Frau stach.

Er weint viel, wenn er von der Liebe zu ihr erzählt, wenn er selbst erschrocken ist, dass er zu dieser Gewalt in der Lage war. Er schildert sich als friedfertigen Mann, der ein ordentliches Leben geführt hat. In Schleswig-Holstein brachte er es zum Dreifamilienhaus in einem 600-Einwohner-Dorf. 22 Jahre lang war er verheiratet mit seiner Frau, die fünf Kinder mit in die Ehe gebracht hatte. Gewaltfrei habe er die Kinder erzogen, rühmt er sich vor Gericht, nie die Hand gegen sie erhoben. Ende 2012 hatte er seine Frau für die Gelsenkirchenerin, die er im Internet kennen gelernt hatte, verlassen.

Großer Altersunterschied

Die neue Partnerschaft verlief offenbar nicht so gut, wie er es sich erträumt hatte. Die Gelsenkirchenerin, die als Nebenklägerin am Prozess teilnimmt, soll schon einmal gezweifelt haben, ob der Altersunterschied zu groß sei. Und er fühlte sich allein gelassen. Für jeden habe sie Zeit gehabt, klagt er am Donnerstag vor Gericht, nur nicht für ihn.

Als sie am 5. Juli abends ihre Schwägerin besucht, meldet er sich bei ihr. Sie solle nach Hause kommen, die Vierjährige sei unruhig. Doch die 37-Jährige fragt beim Sohn nach. Alles ruhig, soll er gesagt haben. So kommt sie spät zurück.

Der Angeklagte schildert, wie der Streit ausbrach. Erzählt, wie er das Messer nahm. Dann will er keine Erinnerung mehr haben. Immer nennt er seinen Beruf als Ausbeiner im Schlachthof. Rekord-Ausbeiner sei er gewesen. Es klingt makaber angesichts der Tat, die er vor dem Schwurgericht einräumt.