Leidenschaft ist schwer zu vermitteln, denn letztendlich teilt man sie oder eben nicht. Junge Menschen an klassische Musik, die Oper oder das Ballett heranzuführen, daran scheitern viele und das regelmäßig. „Es ist eine schwierige Arbeit, aber unser Engagement ist langfristig, denn wir wollen schließlich langfristig begeistern.“ Bernd Kaiser ist Geschäftsführer des Fördervereins Musiktheater (fmt). Und er weiß, dass Leidenschaft auch wachsen kann, mit der Zeit.
Mit knapp einem Dutzend Schülern sitzt der pensionierte Lehrer Samstagnachmittag im Chorsaal des MiR. Die Jugendlichen sind „Patenkinder“ einzelner Mitglieder des Vereins und auf Einladung des neuen Ballettmanagers Florian König dort. Offen, interessant und mit ansteckender Leidenschaft entführt der junge Kulturmanager die Schüler in Problemstellungen der aktuellen Schwanensee-Produktion des Musiktheaters im Revier.Er spricht zur Entstehung des Balletts, zu Bridget Breiners Sicht auf den Stoff und beantwortet die Frage: „Wie setzt man Schwanensee mit einer Kompanie von 14 Tänzern um?“ Es wird spannend, viel spannender noch, als diese Frage in Teilen beim Besuch der gerade laufenden Ballettprobe beantwortet wird.
Die Augen der Schüler sind gefesselt von der Szenerie im Ballettsaal. Auf den ersten Blick sehen die Tänzer aus wie Sportler. Junge Menschen in coolen Outfits. Es wird gelacht. Und was zuerst wie ungeordnete Aktionen anmutet, bekommt schlagartig einen Sinn als die Ballettdirektorin zu einem neuen Durchlauf aufruft und Tschaikowskis Schwanensee erklingt. In der Choreografie erkennen die Schüler jetzt den Prinzen, sein Gefolge und mit schwanengleichen Flügelschlägen die Schwanenprinzessin Odette.
„Ein Motiv von Bridgets Neuinterpretation ist das tierische Element noch viel mehr hervorzuheben“, erklärt die Tänzerin Kusha Alexi hinterher im Gespräch mit den Schülern. Die Schweizerin wird die Rolle der Odette tanzen. Die Jugendlichen haben Fragen über Fragen. Alexi und König beantworten sie geduldig. Er habe gehört, dass der Tänzerberuf mit 40 Jahren vorbei sei, fragt irgendwann ein Schüler. Tanzen könne man solange man Lust dazu hat und es die Knochen mitmachen, antwortet Kusha Alexi. „Und wie alt sind sie?“ Die anderen Schüler lachen verlegen. Der entwaffnenden Offenheit der Frage begegnet Alexi spontan lachend: „37“. Die Atmosphäre ist gelöst. Spätestens jetzt hat sich der Besuch gelohnt, ist da eine Nähe zu spüren.
Die Zusammenarbeit zwischen MIR und Förderverein ist eng .„Die Jugendpatenschaften dauern mindestens eine Saison“, sagt Kaiser. „Ziel ist es, die Schüler während ihrer Ausbildung für Oper, Ballett und Konzert zu begeistern.“