Die eineinhalbjährige Testphase der Einführung der Biotonne ist im Januar gestartet. Auf Hochtouren läuft nun auch die wissenschafltiche Begleitung durch die FH Gelsenkirchen.
In fremder Leute Müll wühlen in diesen Tagen auch sechs junge Männer, sehen dies aber recht entspannt. Dabei hätten die sechs Studenten der Fachhochschule Gelsenkirchen zumindest aus geruchstechnischer Sicht gute Gründe, zu mosern - hängt doch das typische Müffel-Aroma verwesenden Abfalls über der Halle des Ex-Großmarktgeländes in Ückendorf.
„Ach, so schlimm ist das nicht. Und nach kurzer Zeit merkt man das gar nicht mehr”, sagt Julian Wagner (25), legt den Mundschutz an und widmet sich wieder seiner Aufgabe.
Wagner und fünf Kommilitonen vom FH-Fachbereich Versorgung und Entsorgung sezieren nun schon den dritten Tag Müll aus ausgewählten Gelsenkirchener Haushalten. 8,80 Euro erhalten sie pro Stunde für diesen Job, doch für die Politik ist ihre Tätigkeit von ungleich höherem Wert: Das Ergebnis dieser von Gelsendienste in Auftrag gegebenen begleitenden Müllanalyse könnte letztlich entscheidend sein bei der Frage, ob die Biotonne 2010 nach der Testphase dauerhaft und flächendeckend eingeführt wird oder nicht.
In allen vier Jahreszeiten nehmen die FH-Studenten jeweils rund 3000 Kilo Hausmüll unter die Lupe und trennen ihn nach so genannten Fraktionen - natürlich mit besonderem Blick auf Bioabfälle. Nicht braune, sondern graue Tonnen karrt Gelsendienste aus dem Testgebiet Horst, Heßler und Beckhausen an. Zum einen Behälter aus Häusern, die sich am Probelauf beteiligen, zum anderen graue Tonnen bisheriger Biotonnen-Verweigerer. Nicht zuletzt der Vergleich soll wertvolle Aufschlüsse liefern.
Apfelschalen, Erde, Kartoffeln oder andere organische Abfälle finden sich bisweilen auch in den grauen Tonnen der Testteilnehmer. „Das passiert schon mal”, sagt FH-Professor Ralf Holzhauer. Mehr Konkretes über die Ergebnisse der ersten von vier Testetappen ist ihm nicht zu entlocken: „Für die Bewertung ist am Ende die Politik zuständig. Wir liefern nur die Zahlen.”
Seine Studenten liefern immerhin noch einige Anekdoten über besondere Fundstücke. Ein ferngesteuertes Auto zog Lars Beckmann aus der Tonne, macht es wieder flott und ließ es in der Halle fahren. Ein großes Hallo löste auch der Beate-Uhse-Katalog aus, in dem ausgewählte Artikel angekreuzt waren. Der Freund dieser Art von Erotik muss jedoch keine Angst vor einem Outing haben - erfolgen die Untersuchungen doch völlig anonym.
In Grenzen hält sich die Freude der akademischen Müll-Männer jedoch bei anderen Inhalten. Die größten und unangenehmsten Stinkbomben sind aus Studentensicht Fisch und volle Windeln.