Gelsenkirchen. Hartmut Preuß, Direktkandidat der Alternative für Deutschland (AfD) bei der Bundestagswahl, war nach eigenen Worten kaum politisch aktiv, bis Bankenkrise und Staatsschuldenkrise ihn ärgerten.
Um jeder Irritation vorzubeugen: Man ist nicht verwandt oder verschwägert. Das einzige, was Hartmut Preuß mit dem SPD-Bürgermeisterehepaar außer dem Nachnamen verbindet, ist seine ehemalige Parteiheimat, eben die SPD. Die hat der 66-jährige Dipl.-Betriebswirt im Ruhestand schon vor Jahren verlassen. Hartmut Preuß hat sich politisch neu orientiert und ist im März der Alternative für Deutschland (AfD) beigetreten.
Und wurde im Sauseschritt zum Direktkandidat der AfD im Bundestagswahlkampf. Mit durchaus beachtlichem Ergebnis. Immerhin holte Preuß nach vergleichsweise bescheidenem Wahlkampf aus dem Stand in absoluten Zahlen 4405 Stimmen (3,8 %) und damit 135 mehr, als die Grüne Direktkandidatin Irene Mihalic (3,7 %). Aber: Wer ist dieser Hartmut Preuß, der auf der bundesweiten Zuspruchswelle für die junge AfD mitsegelt?
Volksabstimmung gefordert
„Ich habe mich 2008, als die Bankenkrise ausbrach, geärgert über das, was da ablief“, sagt er. Bis dahin sei er politisch wenig aktiv gewesen. Als dann auch noch die Staatsschuldenkrise in den südosteuropäischen EU-Ländern dazu kam, war es mit der politischen Passivität vorbei. Als sich die Wahlalternative 2013 als politische Gruppierung empfahl, wurde Preuß hellhörig. Der Eurorettungspolitik der Bundesregierung einen Riegel vorzuschieben, war ein erklärtes Ziel der Alternative, aus deren Mitte sich im Februar die AfD gründete. Der Preuß dann beitrat.
Nein, die Alternative für Deutschland wolle nicht den Euro abschaffen. „Aber es muss doch jedem Staat freigestellt sein, ob er den Euro haben möchte.“ Woraus eine weitere AfD-Forderung resultiert: Volksabstimmung bei wichtigen Dingen. „Wir würden das gerne nach schweizer Vorbild machen“, erklärt Preuß. Und setzt nach: „Der Eindruck, dass wir nur Leute ansprechen, die die D-Mark zurück haben wollen, ist falsch.“ Aber man habe einen Finger in die Wunde gelegt mit der These: „Der Euro wird uns ganz viel Geld kosten.“
"Themen über die die Etablierten nicht gerne reden"
Weiterer Themenschwerpunkt, so Preuß, sei die Zuwanderung. Da trennt er zunächst ganz deutlich: „Es geht nicht um Asylpolitik. Da gilt: Wer Asyl braucht, muss es auch bekommen.“ Beim Thema Zuwanderung favorisiere er das kanadische Vorbild – kurz: kommen kann, wer Arbeit hat. Hier drängt sich die Frage förmlich auf: Besteht nicht die Gefahr, dass Rechte in der AfD eine Heimat suchen? In Ostdeutschland ist das bekanntlich schon passiert. Der Alternativler kontert mit Bedacht: „Vor dem Eintritt wird jeder gefragt, ob er vorher einer extrem rechten oder linken Partei angehört hat. Wir prüfen das, soweit möglich.“ Man würde solche Leute aus der Partei ausschließen. „Das ist auch gut so. Wir sind eine Partei der Mitte.“
Hartmut Preuß und seine 32 bisher organisierten Gelsenkirchener AfD-Parteifreunde wollen sich auf dem Bundestagswahlergebnis nicht ausruhen. „Ich finde es gut, wenn eine neue Partei die Bühne betritt, um Themen anzusprechen, über die die Etablierten nicht gerne reden“, sagt der Familienvater.
"Vom Handwerker bis zum Professor alles vertreten"
Welche Themen das auf kommunaler Ebene seien werden, steht heute noch nicht fest. Fakt ist: Die Alternative für Deutschland will auch bei der Kommunalwahl im Mai 2014 antreten. Der AfD-Stadtverband Gelsenkirchen soll am 17. Oktober (19 Uhr im „Türmchen“ an der Oststraße) gegründet werden. Dann geht es an die Arbeit. Über kommunale Themenschwerpunkte nachzudenken, dazu habe man noch keine Zeit gehabt. „Wir werden uns direkt nach der Verbandsgründung damit beschäftigen“, kündigt der 66-Jährige an.
Dem wohl bewusst ist, dass ihm und seinen Mitstreitern noch jede Menge „Klinkenputzen“ ins Haus steht. Zum Beispiel das Sammeln notwendiger Unterstützungsunterschriften. Preuß gibt sich allerdings optimistisch, was diese Hürde angeht: „Ich glaube, dass unsere Chancen auf kommunaler Ebene gut sind und wir in den Stadtrat kommen.“ Die bisherige Mitgliederstruktur in Gelsenkirchen spiegelt nach seiner Einschätzung die Gesellschaft wieder. „Vom Handwerker bis zum Professor ist alles vertreten. Und wir nehmen stetig zu.“ Einen sähe der Mann mit Wohnsitz in Erle auch gern in der AfD – seinen 33-jährigen Sohn. „Er ist noch nicht Mitglied, ich kämpfe noch darum.“