Ausnahmezustand auf der Kurt-Schumacher-Straße: Während die britische Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg entschärft wird, ist die Lebensader der Stadt gesperrt.
Ja, ist der Mann denn wahnsinnig? Eben noch hat Uwe Pawlowski die Glückwünsche von Polizisten und Mitarbeitern des Ordnungsamts entgegen genommen, nun stupst er den vor ihm liegenden Klumpen lässig mit dem Fuß an. „Kann nichts mehr passieren”, beruhigt der Experte vom Kampfmittelräumdienst. 120 Kilo Sprengstoff: stumm. Gut 30 Mal war Pawlowski in einer ähnlichen Situation. Und auch diese britische Fliegerbombe hat er entschärft.
250 Kilo schwer, rund die Hälfte davon hochexplosiv. Es sind die Daten jener Bombe, die ein Baggerfahrer am Montag bei Abrissarbeiten an der Uferstraße aus dem Boden schaufelte und die am Dienstagmorgen zur weiträumigen Sperrung des Gebiets rund um die Kreuzung Alfred-Zingler-Straße/Uferstraße führte.
Es ist neun Uhr, als der Plus- und der Aldi-Markt ihre Türen wieder schließen. Anwohner müssen ihre Häuser an der Alfred-Zingler-Straße verlassen, der Schalker Sportpark schließt ebenfalls. Groß genug muss der Sicherheitsradius um den Bombenfundort sein. Die Polizei patrouilliert vor Ort, 40 Mitarbeiter des Ordnungsamts informieren Passanten, das Rote Kreuz hält sich für den Notfall bereit. Funkgeräte knarzen, lautstark werden Anweisungen gegeben. Hektik ist keine zu spüren. Es scheint, als seien all diese Arbeiten Routine. „Ein Bombenfund ist eigentlich nichts besonderes”, sagt Frank Hutmacher, Einsatzleiter des Ordnungsamts. Eigentlich. Doch die Kurt-Schumacher-Straße ist nicht irgendeine Straße, sondern eine der Lebensadern der Stadt. So muss ab 9.40 Uhr nicht nur der Verkehr umgeleitet, sondern gar der Rhein-Herne-Kanal gesperrt werden. „Die Autofahrer werden großzügig um den Fundort herumgeführt”, sagt ein Polizist.
Über den Köpfen der Menschen dröhnt der Motor des Polizeihubschraubers, aus der Ferne sind in Bombennähe zwei Männer in blauen Overalls zu erkennen. Es sind die Bombenräumer Uwe Pawlowski und sein Kollege Horst Michels. Laut Zeitplan sollen sie um zehn Uhr mit ihrer Arbeit beginnen. Sie beginnt aber 20 Minuten später. „Der Zünder fehlte, der Detonator war verrottet, die 120 Kilo Sprengstoff deswegen hoch brisant”, wird Pawlowski später erklären.
Nicht als hoch- doch immerhin als brisant empfinden auch die Anwohner die Situation. Sie haben ihre Gründe. . . „Der Supermarkt soll aufmachen. Wir haben Hunger”, sagt ein Rentner.
Schließlich ist es geschafft. „Die Bombe ist entschärft”, verkündet Frank Hutmacher um 10.35 Uhr. Der Verkehr fließt wieder. Das Leben geht weiter – wie vor dem Fund der Bombe.