Hoch schlugen die Flammen auf der Mechtenbergstraße, als die Mitarbeiter des Friseurs „Kerstin's Schnittpunkt” das Unternehmenslogo verbrannten.

T-Shirts warfen sie vor dem Geschäft in die Flammen, Briefbögen, Visitenkarten – nur weg mit dem Namen. Als es auf dem Gehweg nur noch glomm und endlich auch der Zorn der Chefin verraucht war, stieg der neue Name wie der Phönix aus der Asche: „Kerstin's Schnittpunkt” ist tot, es lebe „Kerstin's Team”.

Dies ist die Geschichte von Kerstin Corbeck-Jesse, die seit elf Jahren in Rotthausen zwei Frisörgeschäfte betreibt und 19 Mitarbeiter beschäftigt. Und die nun tief in die Kasse greifen musste, weil sie ihrem Geschäft einst den falschen Namen gegeben hatte. Eben „Kerstin's Schnittpunkt”.

Der Reihe nach. 2008 flatterte der 45-Jährigen ein Schreiben eines Anwalts aus dem Raum Stuttgart ins Haus. Sie verletze die seiner Mandantin ausschließlich zustehenden Rechte an der Bezeichnung „Schnittpunkt” zur Kennzeichnung eines Friseurbetriebs und dessen Dienstleistungen, schrieb der Mann im schönsten Juristendeutsch. Angefügt hatte er eine Unterlassungserklärung und eine Kostenberechnung über fast 1400 Euro. Corbeck-Jesse war bedient.

Aber nicht eingeschüchtert. Nach der Arbeit im Geschäft las sie viel übers Markenrecht, informierte sich über die Mandantin, fand andere Fälle, suchte Rat bei einem Anwalt. Am Ende hatte sie einen dicken Stapel Papiere vor sich – und einen Überblick über ihren Fall.

Der Anwalt aus dem Schwäbischen und seine Mandantin, berichtet die Frisörin, machten mit Abmahnungen „laufend Geld”. Gut 130 „Schnittpunkt”-Frisöre könne man im Internet erklicken, und viele habe sie angerufen. Die Geschichte, die sie am anderen Ende der Strippe so hören bekam, kannte sie nur zu gut: Auch ihnen waren Verpflichtungserklärungen ins Haus geflattert, und fast alle hätten sie gezahlt. Aus Angst, fügt sie an, dass ein Gerichtsverfahren sie noch teurer kommt.

„Sehr fragwürdig” sei das Verhalten der Frisörin im Raum Stuttgart, sagt Corbeck-Jesse vorsichtig. Zwei Geschäfte besitze die Kollegin, habe sich die Marke „Schnittpunkt” gesichert, obwohl das ein Begriff sei, der nicht gesichert werden dürfe, fügt sie an – eben weil es ein allgemeiner sei. Schlimmer aber: Nach und nach schicke die Frau allen Zahlungsaufforderungen.

Auch Corbeck-Jesse hat gezahlt. Inklusive ihrer eigenen Anwaltskosten gut 5000 Euro. Und nicht zuletzt: „Die Angelegenheit hat mich Nerven gekostet und Existenzängste ausgelöst.” Doch sie ist sicher: „Ich bin mit einem blauen Auge davon gekommen.”

Den alten Firmennamen, für den sie Schadensersatz zahlen musste, wollte sie aber nicht behalten. Nicht den von dieser Frau, die Berufskollegen schikaniere. Nun heißt der Frisör „Kerstin's Team” – eine Verbeugung auch vor ihrer Mannschaft, mit der sie so gut zusammenarbeite.

Nach dem Feuer vor dem Laden folgte übrigens die Namenstaufe. Mit Sekt, Salzgebäck, Kuchen. Und ganz ohne Schnittpunkt.