Gelsenkirchen.

Die Wahl ist vorüber, jedenfalls für die Bürgerschaft. Denn mit den Nachwehen, die sie mit ihrer Stimmabgabe ausgelöst haben, müssen nun zuallererst einmal die Parteien fertig werden. Das zeigte sich schon am Montag, als FDP-Parteichef Philipp Rösler die Konsequenzen aus dem Debakel zog und zurücktrat. Aber auch bei den Grünen ging die Sorge um, wie es weitergeht.

Poß und Partei auf Platz 1

Joachim Poß hat es erneut geschafft und bundesweit das beste Ergebnis unter den SPD-Direktkandidaten erzielt. Der Finanzexperte, der zum zehnten Mal in Berlin als Abgeordneter antreten wird, zeigte Demut vor dem Wähler mit den Worten: „Ich danke allen herzlich für Ihr Vertrauen. Sie können sich darauf verlassen, dass ich die Interessen unserer Stadt und ihrer Menschen auch weiterhin mit ganzer Kraft im Deutschen Bundestag vertreten werde.“ Darüber hinaus haben auch die Gelsenkirchener Genossen (laut Poß) mit 44,0 Prozent bei den Zweitstimmen das bundesweit beste Ergebnis eingefahren.

Grüne ziehen Konsequenzen

Irene Mihalic hat Montag auf dem Weg nach Berlin davon erfahren, dass der Bundesvorstand ihrer Partei zurück treten will. „Es war uns sicher allen klar, dass dieses Wahlergebnis personelle Konsequenzen nach sich ziehen würde“, sagte die frisch gewählte Bundestagsabgeordnete. Spekulieren, wie es weiter gehen konnte, wollte die Gelsenkirchener Stadtverordnete indes nicht. Man müsse jetzt das Ergebnis erst einmal analysieren – und dann handeln. Kleines Trostpflaster für sie: „Wir haben in Gelsenkirchen im Bundesvergleich weniger verloren.“

Kaplan knapp gescheitert

Die Gelsenkirchener Vorstandssprecherin der Linken, Ayten Kaplan, hat den Einzug in den Bundestag knapp verpasst. „Die ersten zehn Landeslistenplätze ziehen“, sagte sie gestern Mittag. Sie steht auf Platz 11. Dass ihr Wahlkreis im „tiefschwarzen“ Heinsberg lag, hatte zum einen den Grund, dass Ingrid Remmers bereits Direktkandidatin der Gelsenkirchener Linke war, Kaplan selbst aber von Parteifreunden und Migrantenvereinen gebeten worden ist, ebenfalls als Kandidatin anzutreten. Immerhin hat sie dort knapp die 5-Prozent-Hürde geknackt.

CDU feiert wie lange nicht

Die CDU machte die Nacht zum Tag. „Wir haben gefeiert, wie schon lange nicht mehr“, erzählte Oliver Wittke aufgeräumt am Tag danach. Vom Hans-Sachs-Haus sei man nach Buer gewechselt und dort ins „Hexenhäuschen“ eingefallen. „Als wir ankamen, wollten sie gerade schließen. Aber wir haben es geschafft, das Lokal mit 40 bis 50 Leuten noch eine ganze Zeit lang offen zu halten“, ließ der künftige Bundestagsabgeordnete durchblicken, dass der Umsatz stimmte.

Ihn selbst zieht es am Dienstag erstmals nach Berlin. 16 CDU-Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet würde es geben, teilte Wittke mit, und befand: „Das ist eine stattliche Zahl für unsere Region.“ Morgens würden die sich treffen wollen, mittags um 12 Uhr sei Sitzung der Landesgruppe, anschließend der Fraktion. „Dann bekommen wir noch eine organisatorische Einweisung.“ Am Mittwoch gehe es dann nach Düsseldorf, wo das Landesparlament tage. „Denn ich bin ja noch Landtagsabgeordneter, solange nicht das amtliche Endergebnis verkündet worden ist.“

Steigerungsfähige Wahlparty

Die zentrale Wahlveranstaltung der Stadt im Atrium des Hans-Sachs-Hauses ist – vorsichtig formuliert – ausbaufähig. Nicht viele Bürgerinnen und Bürger kamen am Sonntag dorthin, um den Ausgang der Bundestagswahl und der Abstimmung in Gelsenkirchen zu verfolgen. Allerdings war das Ambiente dafür auch nicht wirklich nett hergerichtet.

Beteiligung gestiegen

Die Wahlbeteiligung in Gelsenkirchen ist gestiegen, allerdings nicht exorbitant. 65,27 Prozent der Wahlberechtigten nutzten am Sonntag die Chancen, ihre Stimmen abzugeben. In absoluten Zahlen ausgedrückt waren das 116.844. Im Vergleich zur Bundestagswahl im Jahr 2009 ist das zwar eine kleine Steigerung um gut 0,4 Prozentpunkte, erscheint aber im Verhältnis zur bundesweiten Wahlbeteiligung von immerhin 72,0 Prozent weiterhin doch äußerst schwach.

Exoten und andere

Zusammen mit den sogenannten etablierten Parteien (gehört die FDP noch dazu?) gab es auch wieder eine ganze Reihe anderer, die in Gelsenkirchen um Stimmen warben.: 22 an der Zahl waren es. Darunter etwa die freien Wähler , die es auf mit 448 Stimmen auf 0,4 Prozent brachten. Der rechte Rand war ebenfalls vertreten. Die NPD erreichte 2,2 % (2569), pro Deutschland 0,6 % (702) und REP 0,4 (463). Die Partei kam mit 456 Stimmen auf 0,4 % und die Partei der Nichtwähler, die ja eigentlich gar nicht gewählt werden dürfte, vereinigte 120 Stimmen auf sich...