Gelsenkirchen. "Der Staat muss sich auf seine Beamten verlassen können. Und das Vertrauen in den Öffentlichen Dienst muss gewährleistet sein.” - Punkte, mit denen Schöffenrichter Groß in Essen in Richtung eines Beamten des Gelsenkirchener Finanzamts zielte, der alles andere als zuverlässig war.
Der 43-Jährige Familienvater hatte für Bekannte über Jahre Steuererklärungen mit deren Einverständnis so manipuliert, dass die Betroffenen deutlich mehr Rückerstattungen bekamen, als ihnen zustanden. Dafür strich der in Gladbeck lebende Mann „Honorare” zwischen 200 und 1000 Euro ein. Er sorgte geschickt und in Kenntnis der Abläufe in seinem Finanzamt dafür, dass nur er diese von ihm zuvor manipulierten Steuererklärungen bekam und „absegnete”.
Dem Gericht fiel auf, dass der 43-Jährige stets bei der ersten veränderten Einkommensteuererklärung noch kein Geld für seine Leistungen gefordert hatte - das setzte erst bei der zweiten Steuererklärung ein. Richter Groß äußerte in diesem Zusammenhang den Verdacht des „Anfütterns” und auch unter Druck setzens, weil schließlich der Steuerzahler beim Betrug mitgemacht hatte und nun aus der Sache schlecht wieder herauskam.
Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angeklagt
Angeklagt war der Finanzbeamte wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und gewerbsmässiger Bestechlichkeit. Er hatte mit diesen „Nebeneinkünften” nämlich sein enges Privatbudget aufgebessert.
Jahrelang sei er nur Hausmann gewesen und habe sich um die beiden Kinder gekümmert, so seine Schilderung vor Gericht, derweil seine Ehefrau ein Lottogeschäft und einen Imbiß führte. Das habe ihn absolut nicht befriedigt. Auch als er später zwei Tage pro Woche wieder im Finanzamt gearbeitet habe, habe er doch finanziell nicht wesentlich zum Lebensunterhalt beitragen, geschweige denn selbst einmal Geld ausgeben können. Die Frau habe die Finger darauf gehabt. Da kam ihm dieser Nebenverdienst gelegen.
Zwei Jahre und neun Monate Haft
Aufgeflogen ist der Beamte - neben ihm aber auch noch andere, wie zu erfahren war, bei einer Innenrevision durch die Oberfinanzdirektion. Dabei kam jedoch auch heraus, dass er selbst manipulierte Steuererklärungen ahnungslosen Kollegen zur Genehmigung untergeschoben hatte.
Zwei Jahre und neun Monate, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, urteilte das Schöffengericht aus. Gleichzeitig verhängte es gegen den 43-Jährigen ein dreijähriges Berufsverbot und eine gleichlange Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Seinen Beamtenstatus ist der Gladbecker mit allen Konsequenzen (Altersversorgung) damit endgültig los.