Gelsenkirchen. . Die stellvertretende Filialleiterin eines Lidl-Markts in Gelsenkirchen war an drei Raubüberfällen beteiligt. Für viereinhalb Jahre schickt sie das Landgericht Essen deshalb in Haft. Eigentlich bestand keine Gefahr, dass sie sich für ihre Taten verantworten musste. Doch die „Lebensbeichte“ eines Verurteilten enttarnte sie.

Die Lebensbeichte eines Räubers bringt sie ins Gefängnis. Das Landgericht Essen verurteilte am Dienstag eine ehemalige stellvertretende Leiterin von Lidl zu viereinhalb Jahren Haft, weil die Gelsenkirchenerin an drei Raubüberfällen beteiligt war.

Lange Jahre hatte die heute 31 Jahre alte Mirjam K. keine Angst vor der Justiz haben müssen. Eigentlich bestand keine Gefahr, dass sie sich für ihre Taten verantworten musste. Bis Claudio P. (34), der Chef der Bande, Anfang 2012 zu achteinhalb Jahren Haft für neun Überfälle verurteilt wurde und sich entschloss, reinen Tisch zu machen: Den staunenden Fahndern gestand er rund 150 weitere Taten und belastete 30 Komplizen. Rund 100 Seiten umfasst seine Vernehmung. Das alles, weil er vermutlich selbst Hafterleichterungen und Vergünstigungen wollte.

Erste Tat im Jahre 2006

Mirjam K. muss dafür zahlen. 2006 hatte sie erstmals mit dem Räuberhauptmann zusammengearbeitet. Ihre damalige Lebensgefährtin hatte in der kombinierten Post-/Sonnenstudiofiliale an der Ückendorfer Straße gearbeitet und eine weitere Mitarbeiterin eingeweiht. Diese öffnete am 23. Mai laut Urteil den Tresor, stellte sich an die Wand und ließ sich zum Schein fesseln. 60.000 Euro holte Claudio P. aus dem Tresor, gab die Hälfte davon an Mirjam K. und ihre Freundin, die ihn weggefahren hatten.

Am 3. Dezember 2007 lotste Mirjam K. die Räuber in die Lidl-Filiale am Kärntner Ring, wo sie selbst die stellvertretende Filialleiterin war. Damit die Tat ohne Komplikation durchgeführt werden konnte, schickte sie den Großteil des Personals nach Hause. Beute: 39.000 Euro. Und schließlich der 2. März 2010. Da wusste sie, wann das meiste Geld im Tresor lagerte. 50.000 Euro packten die Täter in ihre Tasche.

Hoch professionelles Vorgehen

Staatsanwalt Stefan Schulte hatte fünf Jahre Gefängnis für die drei Taten gefordert. Die Kammer blieb nur knapp darunter. Richter Jens Lazarz sprach im Urteil von einem hoch professionellen Vorgehen der Täter und der hohen Beute. Strafschärfend wertete die XVI. Strafkammer auch die Maskierung der mit einer Pistole bewaffneten Täter.

Dass die Überfälle trotz eingeweihter Mitarbeiter in den Filialen gefährlich waren und Angst und Schrecken verbreiteten, betonte das Gericht. Denn die nicht eingeweihten Opfer litten noch heute unter den psychischen Folgen. Lazarz: „Ich habe relativ selten so beeindruckte Zeugen gesehen wie bei dem Überfall von 2007.“ Sechs Jahre danach heilt die Zeit nicht alle Wunden. Aber das musste am Dienstag auch die Angeklagte erfahren.