Gelsenkirchen. Im April 2010 eröffneten die Evangelischen Kliniken den Babywald in Rotthausen. Für 50 Euro können frischgebackene Eltern dort eine Esche, einen Ahorn oder eine Schwarzerle für ihr Kind pflanzen.
Drei Dinge – so heißt es – soll ein Mann in seinem Leben tun: Ein Kind zeugen, einen Baum pflanzen und ein Haus bauen. Die Fortpflanzung muss er schon selbst übernehmen, beim Baum pflanzen greifen ihm die Evangelischen Kliniken bei Bedarf und für 50 Euro unter die Arme. Seit Frühjahr 2010 bietet die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe frischgebackenen Müttern, bzw. Eltern an, für ihren Sprössling einen jungen Baum zu pflanzen. 111 Bäume wachsen mittlerweile im Babywald am südlichen Ende der Mechtenbergstraße in Rotthausen.
Der Babywald steht für Leben. Hier stehen Esche, Ahorn, Schwarzerle, Rotbuche und Eiche in unterschiedlichen Wachstumsstadien in Reih und Glied. Der Fußweg, der in nordöstlicher Richtung auf die Wittener Straße führt, verläuft direkt neben dem Wald, der selbst noch in den Kinderschuhen steckt. Was aktuell noch anmutet wie eine Baumschule, wird in mehreren Jahrzehnten ein ordentlich gewachsener Mini-Forst sein.
In den Bäumen zwitschern Vögel
Die Wildwiese dahinter lebt nicht minder munter. Im hohen Gras und zwischen lilafarbenen und gelben Blüten brummen und summen Insekten in der Sommerluft, Grillen zirpen und in den Bäumen dahinter zwitschern die Vögel.
Als der Babywald im April 2010 Premiere feierte, war der kleine Phil elf Wochen alt. 25 Eltern hatten damals das neue Angebot der Evangelischen Kliniken angenommen und einen Baum für ihr Baby gepflanzt. Heute ist Phil dreieinhalb Jahre alt. Wenn er sich neben „seinen“ Baum stellt, reicht er bis zu der Stelle am armdicken Stamm, an der ein zarter Ast sprießt.
Als sie die Schwarzerle eingesetzt haben, habe der Baum nur feine Äste und Sprossen gehabt, erinnert sich Nadine Ortmann (34) aus der Resser Mark. „Die Bäume haben ganz schön Wuchs bekommen. Sie sind groß geworden, genau wie du“, streicht die Mutter ihrem Sohn über den Kopf. Damals hatten sie und ihr Mann sich gegen ein Namensschild für Phil entschieden, weil die Sache für sie eine ganz persönliche bleiben sollte. Der volle Name sei ohnehin nicht in Frage gekommen. „Das ist mein Baum“, sagt Phil und zeigt auf die Schwarzerle, die direkt am Wegesrand steht. Und weil der Dreijährige das auch andere wissen lassen will, kommen seine Eltern seinem Wunsch nach einem Namensschild nun doch nach.
Ganz so oft wie früher besucht die Familie Ortmann ihren Baum nicht mehr. „Früher sind wir ganz oft mit dem Kinderwagen her gekommen“, sagt die Mutter von Phil. „Aber seit ich wieder berufstätig bin, klappt das nur noch an einigen Sonntagen.“ Und wenn sie dann am Babywald unterwegs sind, gehen sie auch durch die Reihen und schauen nach den anderen Bäumen und lesen nach, welche Kindernamen dort vertreten sind.
Nicht alle Bäume tragen Kindernamen
Längst nicht alle Bäume tragen den Namen eines Kindes. Aber Leni B. etwa, geboren am 5. Februar 2010, ist mit einem Kunststoffschild vertreten. Carla ist mit bunten Buchstaben auf einer Kachel verewigt. In ein Metallblech an einem anderen Baum ist der Vor- und Zuname des Kindes inklusive Geburtsdatum, Pflanzdatum und „von Mama und Papa“ gestanzt. Für ein rosafarbenes Herz aus Holz haben sich die Eltern von Lena Mia entschieden. Das Mädchen kam am 1.11.2011 zur Welt, helau.
Einige Eltern funktionieren den Babywald-Baum ihres Kindes auch zu einem Schnullerbaum um. An einigen Exemplaren hängen ausgediente Nuckel in den Ästen. Es bleibt also für viele nicht nur bei der einmaligen Pflanzaktion. Der Baum begleitet die Kinder durch ihr Leben.