Die Lernstandserhebungen lassen kein gutes Haar an den Ruhrgebietsschülern. Wie viel Einfluss aber Lehrer und Schulen auf die Noten haben können, zeigt die Erfolgsgeschichte von Dolunay Uzum. Die einstige Schulverweigererin hat jetzt ihre Fachoberschulreife mit Qualifikation und einem Notendurchschnitt von 1,75 gemeistert. Erst ein Schulwechsel und Nachhilfe haben bei der 16-Jährigen für die kometenhafte Karriere gesorgt.

„Motivation ist ein Schlüssel“

Stolz präsentiert die junge Frau, deren Eltern aus der Türkei stammen, ihre Zeugnisse der letzten Halbjahre. Am Ende der siebten Klasse hatte Dolunay noch einen Notendurchschnitt von 4,5. Mit der Gelsenkirchener Realschule, die sie damals besucht hat (Name der Redaktion bekannt), geht die 16-Jährige hart ins Gericht. „Wenn man fast jeden Tag gesagt bekommt, dass man zu dumm ist, ist das demotivierend.“ Die Klassenlehrerin habe sich nicht um Schüler gekümmert, die Probleme haben. „Geh doch zur Hauptschule, hieß es da nur.“

Auch wenn sie mehr getan hat, habe sich das nicht positiv ausgewirkt. „Ich hatte mich aufgegeben“, sagt die Schülerin rückblickend. Die Schuld will sie aber nicht auf andere abwälzen. „Es lag natürlich auch an mir“, gesteht sie ein. „Ich kann mich nicht erinnern, in der siebten Klasse einmal das Buch aufgeschlagen oder Hausaufgaben gemacht zu haben.“ Und wenn die Clique keine Lust hatte, wurde der Unterricht sausen gelassen. Ihr Negativrekord liegt bei 64 Fehlstunden in einem Halbjahr, 24 davon unentschuldigt.

Das ist Vergangenheit. „Nach meinem Wechsel zur Mulvany-Realschule lief es auch Dank der neuen Klassenlehrerin viel besser.“ Parallel dazu haben ihr die Eltern Nachhilfe in den Hauptfächern finanziert. Seit zwei Jahren besucht sie einmal pro Woche den gemeinnützigen Nachhilfeverein Primus an der Augustastraße. Dolunay sei kein Einzelfall, berichtet Institutsleiter Ömer Karabulut: „Den Kids wird eingeprägt: Ihr schafft das nicht, ihr gehört nicht dazu.“ Dabei liege vor allem in der Motivation ein Schlüssel. „Wir ermutigen die Schüler immer, den zweiten Schritt zu wagen“, so der 31-Jährige. Neben der Nachhilfe werden auch Sprachförderung, Integrationskurse und gezielte Kurse zur Vorbereitung auf Oberstufe und Abiturprüfungen angeboten.

Das Primus-Bildungszentrum finanziert sich aus Spenden und aus den Beiträgen der Eltern. Durchschnittlich 75 Euro sind pro Monat fällig. „Das können und wollen sich nicht alle Eltern leisten“, hat Dolunay in ihrem Umfeld beobachtet. Sie ist glücklich, die Chance bekommen zu haben. Nach den Sommerferien wechselt Dolunay Uzum zur Gesamtschule Berger Feld, um dort das Abitur zu machen. Ihr Berufswunsch steht auch fest: Fachärztin für Augenheilkunde.